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Rosario Crocetta: Kommunist, Katholik, Homosexueller.

Foto:Alessandro Fucarini/AP/dapd

Bevor er am Sonntag zur Wahl ging, besuchte Rosario Crocetta seine Pfarre Santa Lucia, in der er seit Jahren als Freiwilliger Sozialarbeit leistet. Nach der Stimmabgabe hielt sein gepanzerter Wagen zum Gebet vor der Kirche Madonna delle Grazie. Allein darf der 61-Jährige kein Gebäude betreten. Er gehört zu den zwanzig gefährdetsten Personen und wird auf Schritt und Tritt von sechs bewaffneten Polizisten begleitet. Oft muss er eine kugelsichere Weste tragen.

"Seit die Cosa Nostra mich zum Tode verurteilt hat, danke ich Gott für jeden Tag, den er mir schenkt", versichert Crocetta. Als Bürgermeister seiner mafiaverseuchten Heimatstadt Gela führte der Sohn einer bescheidenen Schneiderin einen kompromisslosen Kampf gegen das organisierte Verbrechen. Er entließ die Frau eines Bosses aus dem Gemeindeamt und löste die Führung des Fußballklubs Gela Calcio auf, noch bevor dessen Präsident wegen Unterstützung der Mafia verhaftet wurde. Nach zwei versuchten Anschlägen wurde sein Polizeischutz verstärkt.

In der Person Rosario Crocettas vereinen sich Don Camillo und Peppone: Schon als Jugendlicher verbrachte er seine Freizeit zwischen Sakristei und Parteilokal der Kommunisten. Revolutionär, Pazifist, Katholik, Kommunist, Homosexueller - Crocetta weist viele Facetten auf und hält sich an den Leitspruch seiner Mutter, die in einer Sozialwohnung vier Söhne aufgezogen hat: "Besser arm, aber ehrlich."

Vor seinem Wechsel in die Politik war der Chemieexperte beim Erdölkonzern Eni tätig, wo er auch Arabisch lernte. Als er 1996 zum Kulturstadtrat von Gela bestellt wurde, hängte er als erste Amtshandlung ein Schild an die Tür: "Hier werden keine Empfehlungen angenommen."

Nach seiner Wahl zum Inselgouverneur verspricht der fromme Kommunist einen kompromisslosen Kampf gegen Klientelwirtschaft und Amtsmissbrauch.

Dass er im Regionalparlament in Palermo über keine Mehrheit verfügt, irritiert ihn kaum. Als Kämpfer, der gerne aus dem Evangelium zitiert, liebt er Herausforderungen. "Die Mafia kann jetzt ihre Koffer packen", droht der vulkanische Sizilianer.

Lucia Borsellino, Tochter des von der Mafia ermordeten Richters Paolo, soll nun das teure Gesundheitssystem der Insel von Mafia-Unterwanderung säubern. Seinen politischen Triumph widmet "Saro" natürlich der Mamma: "Sie hat ihr Leben lang um mich gebangt." (Gerhard Mumelter, DER STANDARD, 31.10.2012)