Wien - Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) hat die von Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) vorgelegte Reform der Grundbuchgebühr zum Anlass genommen, um für die von der SPÖ verlangte Reichensteuer zu werben. Die im Gesetz von Karl vorgesehenen Ausnahmen für Hauptwohnsitze, Familienunternehmen und dergleichen seien "keine schlechte Grundlage" für die Definition von Vermögenswerten bei der Reichensteuer.

Der Entwurf für die Grundbuchgebühr sieht vor, dass für alle Immobilientransaktionen in der Familie (Verkauf, Erben, Schenken) und in der Landwirtschaft sowie für Unternehmen die niedrigere Eintragungsgebühr vom dreifachen Einheitswert berechnet wird. Für alle anderen Transaktionen wird die Gebühr vom viel höheren Verkehrswert errechnet. Die nun von Karl definierten Ausnahmen sieht Faymann als gute Basis für die Diskussion über Vermögenssteuern. Konkret meint der Kanzler damit, dass man bei einer Reichensteuer genau diese - pikanterweise von der ÖVP formulierten Ausnahmen - anwenden könnte.

Aus eins mach drei

Die Grundbuchgebühr machte bisher 1,1 Prozent des Wertes einer Immobilie aus. Allerdings wurden unterschiedliche Bemessungsgrundlagen verwendet: Für den Kauf einer Immobilie wurde 1,1 Prozent des tatsächlichen Kaufpreises ("Verkehrswert") herangezogen, bei unentgeltlichen Übertragungen (etwa Erbschaften) wurden 1,1 Prozent des dreifachen Einheitswertes fällig - die Gebühren waren in der Regel hier somit deutlich niedriger.

Weil die Einheitswerte seit Jahren nicht angepasst wurden, hob der VfGH diese Regelung im September des Vorjahres wegen "Unsachlichkeit" auf und setzte eine Reparaturfrist bis Jahresende 2012. Der nun beschlossene Entwurf sieht vor, dass die Berechnung der Grundbuchgebühr grundsätzlich nach dem Verkehrswert zu erfolgen hat. Ausgenommen ist die Übertragung von Immobilien innerhalb des erweiterten Familienkreises - also Ehepartner, Lebensgefährten, Eltern, Kinder, Enkel, Geschwister, Nichten und Neffen. Dabei muss weder ein "dringendes Wohnbedürfnis" bestehen noch ein "gemeinsamer Haushalt". Die Eintragungsgebühr wird in diesen Fällen wie bisher nach dem dreifachen Einheitswert der Immobilie berechnet.

Die gleiche und somit begünstigte Berechnung gilt auch im unternehmerischen Kontext. Diese Ausnahmen seien dem VfGH-Erkenntnis nach zulässig, betont das Justizministerium. Das Begutachtungsverfahren habe auch deutlich gezeigt, dass der praktischen Bedarf nach solchen Ausnahmen groß sei. Dass man dabei neuerlich auf den kritisierten Einheitswert zurückgreife, geschehe zur Verwaltungsvereinfachung und sei laut einem VfGH-Erkenntnis aus dem Jahr 2010 erlaubt, wird argumentiert. (APA, 30.10.2012)