Auch Politiker kommen gern zum Kaiser: FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache wurde 2010 von Seiner Majestät, Robert Heinrich I. (Robert Palfrader), in der ORF-Show "Wir sind Kaiser" empfangen.

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Nicht erfreut war der ÖVP-Abgeordnete Werner Amon über die "Audienz" beim ORF-Kaiser kürzlich.

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Wien - Die umstrittene Intervention des CSU-Sprechers Hans Michael Strepp beim ZDF, mit der ein Beitrag über den bayrischen SPD-Parteitag verhindert werden sollte, hatte eine deutliche Konsequenz: Strepps musste zurücktreten.

"Das ist schlicht Zensur", sagt Grünen-Nationalratsabgeordnete Gabriela Moser zu einem ihrer Meinung nach ähnlich gelagerten Fall in Österreich, zur "Kaiser-Affäre" rund um den ÖVP-Abgeordneten Werner Amon.

Abrupter Abgang

Moser und Amon waren kürzlich Teilnehmer einer "Audienz" in der TV-Comedy-Show "Wir sind Kaiser" mit Robert Palfrader in der Rolle als "Robert Heinrich I.". Als Amon - sauer wegen der respektlosen Befragung durch den "Kaiser" - abrupt seinen Abgang machte, sei "sofort von seiner Presse-Begleitung heftig telefoniert worden", sagt Moser. Amon habe auch nicht mehr auf das Abschlussfoto gewartet. Er habe "bleich und geschockt" die Szenerie verlassen, ergänzt Grünen-Mediensprecher Dieter Brosz, der Moser zur "Audienz" begleitet hatte.

Es war Amon offenbar kein Plaisir, was er sich vom "Kaiser" anhören hatte müssen. Dieser rieb ihm die ÖAAB-Inserate aus jener Zeit, als Amon dort das Zepter geführt hatte, unter die Nase und rügte die Vorkommnisse um den Korruptions-Untersuchungsausschuss, den Amon mithalf, frühzeitig zu Grabe zu tragen.

Schließlich wurde Amon mit Handschellen aus dem Saal geführt, der "Kaiser" hatte ihm ein Foto vorgehalten, auf dem Amon im Faschingskostüm als verkleideter Kaiser zu sehen war. Klare Amtsanmaßung.

Diese Sequenz aber bekamen die ORF-Konsumenten nie zu Gesicht. Für Amon und die ÖVP sei die Verbindung "Inserate, U-Ausschuss und Handschellen" offenbar ein zu starkes Bild gewesen, vermutet Moser. Für Brosz ein klarer Fall für die ORF-Gremien. Seine Partei werde sowohl den ORF-Stiftungsrat als auch den Publikumsrat befassen. Er verfüge über Informationen, dass die Herausnahme der Sequenz in der zuständigen ORF-Redaktion alles andere als unumstritten gewesen sei. Zumal dadurch das Konzept der Sendung völlig verändert worden sei: Es gab erstmals keinen typischen "Abgang" eines Gastes. Amon war für seine Interpretation der Vorkommnisse nicht erreichbar.

Robert Palfrader verweist an die ORF-Führung. Dort hieß es auf STANDARD-Anfrage: "Der Witz war anders geplant, er wurde kurzfristig umgeschrieben. Die Pointe ist nicht aufgegangen, und deshalb ist diese Sequenz aus redaktionellen Gründen rausgenommen worden. Es hat keine Intervention gegeben. Die Redaktion hat beschlossen: Das ist nicht lustig."

"Druck auf ORF-Redaktion"

Dieter Brosz: "Dass es im politischen Bereich Interventionen gibt, wissen wir, aber dass das jetzt auch schon in die Comedy rüberkippt, ist sehr bedenklich. Momentan ist überhaupt zu beobachten, dass die Regierung besonderen Druck auf die ORF-Redaktion macht. Vieles passiert leider auch schon in vorauseilendem Gehorsam. In anderen Ländern würde man sich das jedenfalls nicht trauen - oder es hätte Konsequenzen."

Davon blieben in Österreich mutmaßliche Intervenierer bisher verschont. Vorwürfe gäbe es zuhauf, zuletzt bei ORF-Pressestunden oder Im Zentrum, wo SPÖ und ÖVP Einfluss auf die Themen nehmen sollen.

Im Frühjahr soll im Zusammenhang mit einem Zeit im Bild-Beitrag über Parteispenden Chefredakteur Fritz Dittlbacher einer Intervention der Arbeiterkammer nachgegeben haben. Dittlbacher verteidigte die Vorgangsweise und verweist darauf, dass die Medienbehörde KommAustria und der Bundeskommunikationssenat keine Verletzung des ORF-Gesetzes festgestellt haben. Dittlbacher wurde auch vorgeworfen, kritische 50 Sekunden eines Berichts über Werner Faymanns Inseratenaffäre gestrichen zu haben. Sowohl er als auch Redakteurssprecher Dieter Bornemann wiesen die Darstellung zurück. Mit Vorwürfen, ORF-Berichte zu beeinflussen, sind auch Kärntner Freiheitliche konfrontiert. (Walter Müller, DER STANDARD, 30.10.2012)