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38 Jahre nach dem Fund von Lucy ist nun klar: Australopitheci lebten auch auf Bäumen.

Foto: Michael Stravato, File/AP/

Washington/Wien - Die berühmteste ihrer Art heißt "Lucy", wurde 1974 gefunden und nach der Titelheldin eines Beatles-Songs (Lucy in the Sky with Diamonds) benannt. Die Rede ist von der Vormenschengattung Australopithecus afarensis, die vor mehr als drei Millionen Jahren in Ostafrika lebte. Lucys Skelett war mit 47 von 207 Knochen erstaunlich vollständig. Deshalb ließ sich auch rekonstruieren, dass sich die nur rund 105 Zentimeter große Hominini-Art auf zwei Beinen fortbewegt hat.

Von Lucys Schulterblatt liegen allerdings nur einige Splitter vor, weshalb die Frage nach der Funktion der Arme und Hände von Australopitheci umstritten blieb. Hielten sich Lucy und ihre Artgenossen womöglich doch noch auf den Bäumen auf? Oder hatte sie sich das Kraxeln längst abgewöhnt?

Diese seit 30 Jahren diskutierte Frage beantworten nun David Green und Zeresenay Alemseged (California Academy of Sciences) im Fachblatt "Science" anhand des Schultergelenks eines dreijährigen Australopithecus-Mädchens, dessen Überreste Alemseged im Jahr 2000 entdeckte und das unter dem Namen Selam bekannt ist. Die extrem dünnen Knochen waren ursprünglich von Sandstein umgeben und konnten aber nach mühsamer Kleinarbeit herauspräpariert werden.

Klare Beweise

Nachdem das gelungen war, bestand für die Forscher allerdings kein Zweifel mehr: "Die bemerkenswerten Fossilien liefern klare Beweise dafür, dass unsere Vorfahren in diesem Stadium der menschlichen Evolution noch immer auf Bäumen herumkletterten", sagt Alemseged.

Das entscheidende Beweisstück: Der Sockel für das Schultergelenk bei Selam zeigt ähnlich wie bei Schimpansen nach oben, wodurch das Über-Kopf-Greifen einfacher geht. Unsere jüngeren Vorfahren haben sich das anatomisch "abgewöhnt". Alemsegeds Conclusio: Lucy war noch nicht ganz Mensch, aber schon klar auf dem Wege dahin. (tasch, DER STANDARD, 27./28. 10.2012)