Eine neue saubere Welt jenseits schädlicher Abgase und ungebetener Klimaeffekte benötigt Anlenkpunkte im Diesseits, also in unserer Leistungsgesellschaft

Mercedes' jüngster Versuch über das ultimative Elektroauto ist gleich auch ein hübsches Projektionsfeld traditioneller Werte: Es muss neben seiner Pionierrolle als Elektroauto gleichzeitig alle Parameter einer konservativen Wachstumsphilosophie erfüllen, vor allem wahnsinnig stark und wahnsinnig schnell sein.

Foto: mercedes

Denn die einzig mögliche Zielgruppe, nämlich die in finanzieller Hinsicht maßlos verwöhnte, kennt im Leistungsdenken keine Kompromisse.

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Schon vor zwei Jahren hatten wir Gelegenheit, mit einem Versuchsträger dieses ungewöhnlichen Supersportwagens zu fahren. Jetzt dürfen Kaufverträge unterschrieben werden, denn ab Juni 2013 können wir damit rechnen, dass die ersten Fahrzeug von den Werkshallen in die gekachelten Garagen der stolzen Besitzer überwechseln, die dafür 420.000 Euro überweisen.

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Inklusive Mehrwertsteuer und Normverbrauchsabgabe, die in diesem Fall exakt null Euro beträgt, weil für ein E-Auto eben keine fällig ist, selbst wenn der Strom aus einem Kohlekraftwerk kommt. Gerechtigkeit muss sein.

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Lassen wir das Fahrerlebnis Revue passieren. Es war in jeder Hinsicht supersportwagenhaft: 1000 Nm Drehmoment, verfügbar vom Stand weg. Bis zu 552 kW Leistung in einem Fahrzustand, den man wohl nie wirklich erreicht. Der Haudraufakt des Beschleunigens (3,9 Sekunden auf 100 km/h) gestaltete sich noch ein wenig irrsinniger als bei allem, was bisher käuflich war.

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Nur eines: Durch die Abwesenheit des Verbrennungsmotors und seiner akustischen Begleitumstände bewegten wir uns trotzdem durch eine Art emotionales Niemandsland, es war eher so, als ob wir einer Flüsterwaschmaschine beim Schleudern zusähen. Auch das wurde inzwischen behoben.

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So beginnt die Fahrt mit einem "charakteristischen" Startgeräusch beim Einschalten. Das Soundsystem mit elf Lautsprechern versorgt die Passagiere sodann mit einer dem jeweiligen Fahrzustand angepassten Geräuschkulisse. Das ergibt sich aus "einer Kombination aus komponiertem Sound, vorhandenen Eigengeräuschen und der Eliminierung von Störgeräuschen", sagt der Hersteller.

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Für Technikfreaks seien hier noch einige Daten nachgereicht: Der Wagen wurde von AMG in Zusammenarbeit mit dem Formel-1-Ingenieursteam im englischen Brixworth entwickelt. Die vier Elektromotoren mit einem Gewicht von jeweils 45 kg sitzen zwei und zwei an einer Achse und treiben dort über ein Getriebe die Räder. Wären die Motoren an den Radnaben angeordnet, wäre das Auto wegen deren Gewicht schlicht unfahrbar.

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Jeder Motor wird einzeln angesteuert, was einen hohen fahrdynamischen Freiheitsgrad ergibt. Das Auto kann wie ein Panzer über die Räder lenken, nur subtiler (Torque Vectroring). Nicht unwichtig erscheint dabei, dass dieses System gewissenhaft gegen Fehlfunktion abgesichert ist. Und bremsen kann es auch: keramisch.

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Die flüssigkeitsgekühlten 548 kg schweren Lithium-Ionen-Batterien enthalten eine Energiemenge von 60 Kilowattstunden und sind in einen superleichten Carbonfaserrahmen gefasst (Fahrzeugrahmen Aluminium), womit man laut Norm 250 km weit kommt. Die Spannung des Antriebsbordnetzes liegt bei 400 Volt, und das Laden der Batterien dauert daheim 20 Stunden, an der 22-kW-Schnellladetankstelle immer noch drei. (Rudolf Skarics, RONDO mobil, 27.10.2012)

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Mercedes-Benz

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