Ein Hauch von Welt in der Währinger Straße.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Brian Patton mit seinem aus Tschechien gebürtigen Koch Petr Matusny und Restaurantleiter Darren Murphy.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Brian Patton mag mit seinem Irish Pub Charlie P's in Wien-Alsergrund eine Goldgrube von einer Studentenabfüllstation betreiben - nur ist ihm das schon seit Jahren nicht genug. Die Leidenschaft des aus Dublin gebürtigen Iren gilt nämlich dem guten Essen, und da ganz speziell jener Spielart, die seit längerer Zeit auf der Inselgruppe rund um die Irische See (von unbelehrbaren Imperialisten auch die Britischen Inseln genannt) für Furore sorgt: von alten Rezepten inspiriertes Pub-Food der richtig köstlichen Art, unprätentiös dargebracht, aber mit hohem kulinarischen Anspruch. Pubs wie das Harwood Arms oder The Ledbury in Londons Notting Hill dürfen sich nicht zufällig über Michelin-Sterne freuen.

So brachte Brian den Ausnahmekoch Gareth Smith nach Wien, der aber inzwischen mit dem Old Oak (Rennweg/Schlachthausgasse) mit erheblichem Erfolg einen anderen Gastro-Pub bekocht - schön, dass Wien sich auch in dieser Hinsicht neuen Einflüssen öffnet. In der Küche des Charlie P's aber steht seit kurzem Petr Matusny, der über Jahre in einem der besten Pubs von Dublin gekocht hat, jedoch ursprünglich aus Ostrava in Tschechien stammt. Die Karte des Dining Room liest sich seither auf eine Art unwiderstehlich, dass man in schweren Entscheidungsnotstand gerät. Die verlockend kleinen und unheimlich süßen Austern von der irischen Westküste sind ohnehin Pflicht - weil sie endlich wieder Saison haben, weil sie so herrlich zum dunklen O'Hara-Stout passen und weil in der ganzen Stadt kaum bessere zu finden sind.

Southern Style Pulled Pork

Kaninchenterrine mit Pistazien und Wildschwammerlchutney ist eine in Konsistenz und Aromen herausragend ausbalancierte Pastete. Gegrillter irischer Ziegenkäse wird auf geröstetem Erdäpfelbrot mit zart angeräucherten roten Rüben und ganz jung eingelegten grünen Nüssen serviert - ziemlich irre gut. So richtig abgehoben ist aber die Fleischqualität der selbstimportierten irischen Lämmer - gegen den unendlich zarten, saftigen Schlussbraten vom Tullamore-Lamm samt Rillettes, Kapern und brauner Butter kommen auch alleredelste Pré-salé-Produzenten aus Frankreich nur mit Mühe mit.

Steak vom trocken gereiften irischen Hereford-Weiderind mit Sauce Béarnaise (endlich wieder!) ist so gut, wie es klingt. Wirklich außergewöhnlich aber ist der Burger aus ebenfalls gereiftem und ob seiner Qualität explizit grob faschiertem irischem Rind, der in einem Brioche-Bun mit hausgeräuchertem Cheddar-Käse serviert wird - da geht jemand die Extrameilen gern, die zu wirklich herausragenden Ergebnissen führen. Ein grandioses Sandwich aus langsam geschmorter, unendlich würziger Schweinsschulter - dem ersten Southern Style Pulled Pork der Stadt! - gibt es ebenso. Wer aber von dannen zieht, ohne den Tipsy Cake mit gegrillter Ananas (Bild links) gekostet zu haben, von dem sich die Mannschaft nach einem Besuch in Heston Blumenthals gefeiertem neuem "Dinner" inspirieren hat lassen, der ist echt selbst schuld. (Severin Corti, Rondo, DER STANDARD, 25.10.2012)