Mike Read ist seit April 2012 Produzent bei Crytek in Frankfurt. Zuvor war er unter anderem bei CCP und arbeitete unter anderem an Projekten wie "Dust 514" mit.

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Was ist Free2Play?

Videospiele, die nach dem Free2Play-Modell (F2P) vertrieben werden, stehen Spielern kostenlos zur Verfügung. Einnahmen werden durch Verkäufe von zusätzlichen Spielgegenständen wie Ausrüstungen und Waffen generiert. Nach Smartphone- und Web-Games stützen sich auch zunehmend größere PC- und Konsolen-Produktionen auf das neue Geschäftsmodell. Bei Spielern ist F2P umstritten. Befürchtet wird, dass dies den Wettbewerb verfälscht, da nicht mehr zwangsläufig der beste, sondern vielleicht der am meisten zahlende Spieler gewinnt. Hersteller suchen deshalb Wege, um Bezahlinhalte gleichermaßen attraktiv, aber nicht spielentscheidend zu gestalten.

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Was ist Cloud-Gaming?

Zahlreiche Branchenbeobachter sehen in Cloud-Gaming die Zukunft der Videospiele. Hierbei werden die Inhalte sowie alle Informationen zur Steuerung und Interaktion eines Spiels von einem Server über das Internet an eine Konsole, einen PC, einen Fernseher oder ein mobiles Endgerät übermittelt.

Der Vorteil: Das Angebot ist weitgehend plattformunabhängig, auf Anwenderseite wird keine starke Hardware benötigt. Anstelle dessen übernehmen die Rechenzentren des Anbieters die Berechnung der 3D-Welten.

Der Nachteil: Voraussetzung ist, dass man über eine konstant schnelle Internetanbindung verfügt. Für Spiele mit 720p-Auflösung und 30 Bildern pro Sekunde sind mindesten 5 Mbit/s notwendig. Schraubt man die Auflösung und Grafikqualität höher, braucht man entsprechend flottere Anbindungen.

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Vor sieben Jahren ist die Xbox 360 auf den Markt gekommen, nur ein Jahr jünger ist die PlayStation 3. Man braucht daher kein Analyst sein, um sagen zu können, dass die nächste Generation der Spielkonsolen vor der Tür steht. Doch was darf man sich von der "Next-Gen" erwarten? Ein neuerliches Wettrüsten zwischen Sony und Microsoft um bessere Grafik? Auch, aber nicht ausschließlich, meinen Branchenbeobachter. "Die Videospielindustrie befindet sich an einem Wendepunkt.", sagt Mike Read, Produzent des 2013 erscheinenden Alien-Shooters "Crysis 3", gegenüber dem GameStandard.

Neue Generation der Spieler

Laut Read werde die neue Hardware-Generation alle möglichen Verbesserungen auch abseits der Grafik bringen. "Natürlich kann man sich realistischere Grafiken, mehr Partikel und Effekte erwarten.", so der Entwickler. "Doch je mehr Prozessorleistung zur Verfügung steht, desto mehr Raum hat man auch für Aspekte wie die künstliche Intelligenz und tiefer gehende Gameplay-Mechaniken."

Darüber hinaus müssen sich die Hersteller neuen Anforderungen der Nutzer stellen, die zum Beginn des letzten Konsolenzyklus noch kein Thema waren. "Unsere Generation ist an Controller und Tasten gewöhnt. Heute werden Kinder mit iPads und Touchscreens groß." Diesen Trend aufgegriffen hat unter anderem auch Nintendo. Die am 30. November erscheinende Wii U wird weniger auf Pferdestärken, als auf neue Spielkonzepte dank Tablet-Controller setzen. Microsoft wiederum ermöglicht es, per Xbox SmartGlass bereits zum Start von Windows 8, Tablets und später auch Smartphones mit der Xbox 360 zu verbinden und Inhalte der Konsole auf mobile Geräte auszuweiten. Sony verfolgt ein ähnliches Konzept mit der PS3 und der PS Vita.

Neue Geschäftsmodelle

Fern der eigentlichen Inhalte und Leistungsdaten steht die Branche laut Read allerdings auch geschäftlich vor einem Wandel. "Das Free2Play-Geschäftsmodell greift gerade vom asiatischen PC-Spielemarkt auf den westlichen PC- und Konsolenspielemarkt über", sagt der Produzent, dessen Arbeitgeber Crytek zu einem der größten Verfechter des Free2Play-Modells ist. Das deutsche Studio will künftig all seine Produktionen kostenlos zur Verfügung stellen und Einnahmen durch In-Game-Verkäufe erzielen. Nach Sony bereitet auch Microsoft seine Spielplattform für F2P-Inhalte vor.

Ganz unumstritten ist das Finazierungsmodell bei Spielern allerdings nicht. Während einige Hersteller sehr gut damit fahren, befürchten zahlreiche Fans, dass dies den Wettbewerb verfälsche, da nicht mehr zwangsläufig der beste, sondern vielleicht der am meisten zahlende Spieler gewinnt. Hersteller suchen deshalb Wege, um Bezahlinhalte gleichermaßen attraktiv, aber nicht spielentscheidend zu gestalten. "Im Endeffekt werden die Konsumenten selbst entscheiden, ob sich Mikrotransaktionen durchsetzen," meint Read.

Digital Revolution

Weniger offen sei hingegen die Entscheidung darüber, ob die digitale Distribution physische Datenträger auch bei Spielen ablösen werden. Die Download-Angebote florieren und am Horizont schimmert bereits ein noch radikalere Form der Verbreitung: Cloud-Gaming. Nicht zuletzt mit der Übernahme des Game-Streaming-Anbieters Gaikai durch Sony werde es "interessant zu sehen sein, was aus physischen Datenträgern wird". Die Plattformbetreiber haben auch ein wirtschaftliches Interesse daran, die digitale Distribution voranzutreiben. Nicht nur spart man sich Produktionskosten und Händlermargen, auch ist die Absicherung von Werken gegen Piraterie einfacher. "Ich denke, die nächsten Konsolen werden den Wandel hin zur digitalen Distribution beschleunigen."

Konsolenleben

Abschließend stellt Read eine ganz prinzipelle Frage in den Raum: Ist das jetzige Konsolenmodell, wonach eine Konsole mit gleichbleibender Hardware über viele Jahre bestehen muss, überholt? "Die jetztige Konsolengeneration ist die längste, die wir je erlebt haben. Es ist fraglich, ob die nächste Generation einen ähnlich langen Atem haben wird." Der Entwickler spielt damit auf zwei Entwicklungen in der Elektronikbranche an. Einerseits hat es sich bei Herstellern von Tablets, Smartphones oder auch Settop-Boxen und den Konsumenten etabliert, dass jedes Jahr Revisionen von Geräten erscheinen. Andererseits schaut sich die Videospielbranche Subventionierungsmodelle aus dem Telekommunikationsbereich ab. Microsoft bietet die Xbox 360 in den USA bereits zum vergünstigten Anschaffungspreis an, wenn man einen zweijährigen Vertrag für Xbox Live und weitere Dienste abschließt. Nach einer Testphase wird das Portfolio zur Weihnachtssaison nun erweitert. Eine Xbox 360 (250 GB) mit Kinect gibt es dann zum Startpreis von 149 Dollar und 14,99 Dollar monatlich. Gut möglich also, dass die nächste Xbox oder PlayStation dann "um Null Euro" zu haben sein wird. (Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 24.10.2012)