Wien - Vor der Abstimmung über das Gesetz für die Elektronische Gesundheitsakte (ELGA) ist am Mittwoch im parlamentarischen Gesundheitsausschuss noch ein weiteres Experten-Hearing abgehalten worden. Dabei wurden wie schon beim ersten Hearing des Gesundheitsministeriums im Juni die bekannte Kritik von Ärztevertretern bezüglich einer mangelnden Benutzerfreundlichkeit sowie von einem Datenschützer bezüglich mangelnder Datensicherheit bekräftigt. Ansonsten zeigte sich breite Zustimmung zum Entwurf von Minister Alois Stöger (SPÖ). Der Ressortschaft sah einen "guten Tag für die Patienten", wenn heute der Ausschuss seiner Vorlage zustimmt.

Mit ELGA werden künftig alle Befunde und gesundheitsrelevanten Dokumente der Patienten elektronisch gespeichert. Für die Patienten wird die Freiwilligkeit mittels sogenannter Opting-Out-Regelung gewährleistet, wonach man automatisch teilnimmt, wenn man nicht ausdrücklich widerspricht. Der Patient kann sich entweder gänzlich abmelden oder nur einzelne Befunde, Behandlungsfälle oder Medikamente ausblenden lassen. Die Daten werden dezentral beim Arzt bzw. Spital nach genau definierten technischen Qualitätskriterien gespeichert. Für die Ärzte gibt es nur eine Verpflichtung zur Speicherung von vier Befunddaten: Entlassungsbriefe aus dem Spital, Labor- und Radiologiebefunde sowie verschriebene Medikamente. Ansonsten sieht das Gesetz für sie nur ein grundsätzliches "Verwendungsrecht" vor. Allerdings haften die Ärzte, wenn sie aufgrund einer Nicht-Verwendung von ELGA-Daten einen Fehler machen, weil sie nach dem jeweiligen Stand der medizinischen Forschung behandeln müssen. ELGA startet Ende 2013/Anfang 2014 durch die Nutzungsmöglichkeiten des ELGA-Portals für Patienten. Danach ist eine stufenweise Einführung vorgesehen: ab 2015 ELGA-Betrieb bei Spitälern und Pflegeanstalten, ab 2016 in Arztpraxen und Apotheken, ab 2017 in Privatkrankenanstalten.

Stöger: Österreich Vorbild in Europa

Stöger betonte bei dem Hearing, dass Österreich damit zu einem Vorbild für ganz Europa werde. Für die Patienten werde die Behandlungsqualität steigen und auch bezüglich Datenschutz habe man eine neue Qualität geschaffen. Der Minister erinnerte an die lange Geschichte von ELGA, die bis ins Jahr 2006 zurückreicht. Und er verwies darauf, dass auch die Ärzte eingebunden gewesen seien.

Trotzdem haben Ärzte-Vertreter ihre Kritik bekräftigt. Der Obmann der angestellten Ärzte in der Tiroler Ärztekammer, Ludwig Gruber, vermisst, dass die geplanten hohen Standards bezüglich Anwenderfreundlichkeit für die Ärzte nicht im Gesetz festgeschrieben sind, sondern mittels Verordnung geregelt werden sollen. Weitere bürokratische Hürden würden seiner Auffassung nach zu einem "Aufstand im Spital" führen. Der Vorarlberger Ärztekammer-Vertreter Burkhard Walla kritisierte, dass fast nichts von den vereinbarten Maßnahmen zur Benutzerfreundlichkeit umgesetzt worden sei. Er urgierte eine zentrale Suchmöglichkeit nach Stichworten. Für den Wiener Ärztekammer-Vertreter Gerhard Walcher werden die Ärzte damit zu "Seiltänzern". Der oberösterreichische Ärztekammer-Vertreter Silvester Hutgrabner meinte, dass die Daten keineswegs sicher seien. Dieser Auffassung schoss sich auch der Datenschützer Michael Löffler an. Der Datenschutz ist seiner Auffassung nach "mangelhaft".

Kritik von Ärzten, Zustimmung von Patientenanwälten

Breite Zustimmung kam hingegen von den Patientenanwälten, der Sozialversicherung, den Bundesländern und der Apothekerkammer. Patientenanwalt Gerald Bachinger meinte, die Patientensicherheit werde erhöht, die Patienten könnten erstmals selbst über ihre Gesundheitsdaten verfügen und der Datenschutz weise höchste Standards auf. Bachinger appellierte, nicht im 19. Jahrhundert stehenzubleiben, sondern im 21. Jahrhundert anzukommen. Die Wiener Patientenanwältin Sigrid Pilz versicherte als Vertreterin der Bundesländer, dass die Länder als Träger der Krankenhäuser sehr interessiert an ELGA seien. Derzeit gebe es für den Informationsaustausch nur Insellösungen. Pilz wandte sich gegen eine Verunsicherung und Angstmache vonseiten der Ärzte.

Zustimmung bekundete auch die Apothekerkammer: Präsident Max Wellan bezeichnete den Entwurf als "sinnvoll" insbesondere bezüglich der vor allem für die Apotheker relevanten e-Medikation. Damit könne man das Medikationsmanagement verbessern. Auch der Hauptverband der Sozialversicherungsträger unterstützt den Entwurf "zu 100 Prozent". Für Volker Schörghofer bringt ELGA wesentliche Qualitätsverbesserungen für Patienten und Ärzte sowie auch ökonomische Vorteile. Die Geschäftsführerin der ELGA-GmbH, Susanne Herbek, betonte, dass mit ELGA bestehende Daten vernetzt und verfügbar gemacht werden, wenn man sie braucht. Die Daten müssten mit den Wegen der Patienten Schritt halten. Die einfache Bedienbarkeit ist für Herbek gegeben.

Gesetz passiert Gesundheitsausschuss

Das Gesetz für die Elektronische Gesundheitsakte (ELGA) hat am Mittwochnachmittag den parlamentarischen Gesundheitsausschuss passiert. Zugestimmt haben nur die beiden Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP, letztere allerdings auch nicht geschlossen. Die ÖVP-Abgeordnete Karin Hakl stimmte gemeinsam mit der Opposition gegen das Gesetz.(APA, 24.10.2012)