Screwball-Action in der Südsee: John Wayne und Elizabeth Allen in " Donovan's Reef". 

Foto: Viennale

Der Besuch einer skrupulösen Dame bringt Unruhe in die Idylle.

In John Fords Donovan's Reef (1963) hat die Viennale einen Film im Hauptprogramm, der dort ein wenig wie eine wilde Blume wächst. Gewidmet ist er Jean-Marie Straub, was die Sache ein wenig klarer erscheinen lässt: Der französische Filmemacher ist ein bekennender Fordianer; in einem Interview hat er den US-Regisseur einmal mit Brecht verglichen, da beide Unterhaltung mit einer Aufforderung versähen: Ford, sagt Straub, zeige Zusammenhänge, die das Publikum zum Denken brächten, "indem er es am Film mitarbeiten lässt".

Wie souverän Ford dies tut, zeigt sich auch an einer ausgelassenen Komödie wie Donovan's Reef, die zugleich die letzte Zusammenarbeit Fords mit einem seiner eng verbundenen Darsteller, John Wayne, markiert. Lee Marvin springt zu Beginn von Bord eines Schiffs, um den Schauplatz des Films, die fiktive Südseeinsel Haleakaloha anzukraulen, wo er von der Bevölkerung bereits mit Freudentänzen empfangen wird: Für ihn wie auch für seine Ex-Navy-Kumpane Donovan (Wayne) und "Doc" Dedham (Jack Warden) ist dieser Ort zur neuen Heimat geworden - eine Zivilisation, in der die moralischen Zuschreibungen der alten Welt wenig zählen.

Die Probe aufs Exempel kommt in der Figur Elizabeth Allens, der scheinbar zugeknöpften Tochter Dedhams aus erster Ehe, die von Boston auf die Insel eilt, um die Integrität ihres Vaters zu überprüfen. Es ist der Beginn einer nicht allzu ausgeklügelten Täuschungsaktion, bei der es darum geht, ebendieser Amelie die gemischt-ethnischen Kinder ihres Vaters zu verheimlichen. Das Manöver erweist sich aber schon auf einer grundsätzlichen Ebene als problematisch: Denn so wie die bärbeißigen Männer auf der Insel stellt sich auch diese Frau als durchaus aufgeschlossen und somit als empfänglich für die fremde Kultur heraus. Und nicht nur beim Wasserskifahren steht diese "Miss Bunker Hill" (Wayne) ihren Mann.

Fords Figuren - das gilt für diese wie aus dem Handgelenk geschüttelte Südsee-Komödie genauso wie für seine Dramen - ist erstaunliche Ambivalenz eigen. Sie agieren selten so, wie man es von ihren sozialen Rollen erwarten würde - und wenn doch, wird der performative Überschuss gleich mitvermittelt. In Donovan's Reef (übrigens der Name der Bar, in der sich Wayne und Marvin regelmäßig zum Prügeln verabreden) spielt der schmierige Konsul der Insel (Cesar Romero) seinen Part als lächerlicher Kolonialherr so schlecht, dass ihm niemand lange Glauben schenkt.

Kulturelle Identität lässt sich auf Haleakaloha, diesem Außenposten von Ford's Country, nicht aufrechterhalten. Die Insel ist ein Auffangbecken, in dem es keiner zu etwas bringen muss. Das zeigt sich schon an der wunderbaren Weihnachtsfeier mit Hawaiiklängen und Lee Marvin als König der Vereinigten Staaten von Amerika. (Dominik Kamalzadeh, Spezial, DER STANDARD, 25.10.2012)