Bild nicht mehr verfügbar.

In den Ostalpen konnte man schon vor Jahren den dramatischen Rückgang des Pasterzengletschers beobachten: Wer darüber am besten Bescheid weiß, darüber kann nun ein neues Zentrum in Graz Auskunft geben.

Foto: APA

Die Folgen des Klimawandels werden immer spürbarer, kaum ein Lebensbereich bleibt davon unberührt. Daraus entsteht eine tiefgreifende Verunsicherung, die sehr konkrete Fragen an die Wissenschaft nach sich zieht: Was zum Beispiel wird aus dem Wintertourismus, wenn man in bestimmten Regionen nicht mehr mit den üblichen Schneemengen rechnen kann?

Wie wirken sich häufigere Überschwemmungen auf die Grundstückspreise aus? Was passiert in der Landwirtschaft oder im Tourismus, wenn die Durchschnittstemperaturen tatsächlich um zwei Grad steigen? Fragen, auf die zahlreiche Forschungseinrichtungen in ganz Österreich Antworten liefern können - doch an wen kann man sich konkret wenden? Wo sitzen die richtigen Ansprechpartner für das jeweilige Problem?

Hintergrundwissen holen

Wo können sich die Politiker das nötige Hintergrundwissen holen, das sie für ihre dringend geforderten Strategien zur Anpassung an die geänderten Umweltbedingungen und zur Verminderung der Emissionen brauchen?

Als Brücke zwischen Klimaforschung und Öffentlichkeit wurde vor einem Jahr das Climate Change Centre Austria (CCCA) gegründet, in dem alle wichtigen österreichischen Akteure in der Klimaforschung - insgesamt 21 Universitäten und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen - kooperieren.

Vor kurzem wurde nun in Graz das dazugehörige Klimaservicezentrum eröffnet. Betrieben von der Universität Graz, der Technischen Universität Graz und der Forschungsgesellschaft Joanneum Research, soll diese Wissensdrehscheibe einerseits die Vernetzung innerhalb der Klimaforschungscommunity fördern, andererseits aber auch die Kontakte nach außen stärken. "Über das Servicezentrum wollen wir den betroffenen Entscheidern aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft wichtige Informationen und Daten über den Klimawandel und dessen Folgen zur Verfügung stellen", sagt Matthias Themeßl, der Leiter der neuen Einrichtung. "Anfragen und Forschungsbedürfnisse aus der Gesellschaft werden von uns an die entsprechenden Experten weitergeleitet, die Antworten werden von uns in eine verständliche Form gebracht."

Ein erster Workshop

Der erste Schritt zu einer Annäherung von Forschern und Entscheidungsträgern in Sachen Klimawandel wurde vergangene Woche mit einem Workshop des Wissenschaftsministeriums in Graz gesetzt: Klimaforscher aus ganz Europa trafen sich mit Vertretern aus Politik, Industrie, Landwirtschaft, Versicherungs- und Energiewirtschaft, um die gesellschaftlichen Herausforderungen des Klimawandels sowie Klimaschutzmaßnahmen zu diskutieren. Selbstverständlich ging es dabei nicht nur um kostengünstige Anpassungsstrategien an das sich ändernde Klima, sondern auch um seine politischen, wirtschaftlichen und sozialen Ursachen und nicht zuletzt um wirksame Strategien zum Klimaschutz.

So beschäftigt sich etwa die CCCA-Geschäftsstelle in Wien intensiv mit der Frage, wie ein gesellschaftlicher Wandel im Sinne des Klimaschutzes vorangetrieben werden kann. Denn Nichtstun würde in diesem Bereich mit hohen wirtschaftlichen und sozialen Kosten bestraft, wie mittlerweile mehrere Studien belegen.

Da auch der Klimaschutz im Kleinen beginnt, wurden die Tagungsteilnehmer fleischlos mit saisonalen Bioprodukten aus der Region verköstigt. "Wir nehmen unsere Vorreiterrolle durchaus ernst", meint Ulla Gahn, die für die Öffentlichkeitsarbeit am CCCA-Servicezentrum zuständig ist. Die drei Mitarbeiter des Zentrums arbeiten übrigens auf energiesparenden Laptops, und die Homepage läuft mit Ökostrom.

Klimafreundliche Roadshow

Klimafreundlich soll auch die "Roadshow" werden, mit der das Servicezentrum nächstes Jahr per Bahn durch die Bundesländer tourt. "Damit wollen wir langfristige Kontakte zu regionalen Politikern und Wirtschaftsvertretern aufbauen, ihre Bedürfnisse erheben und die Möglichkeiten der Klimaforschung präsentieren", sagt Ulla Gahn.

Parallel dazu steht in den nächsten Monaten auch die Erstellung einer Klimawandelkompetenzlandkarte auf dem Programm des Servicezentrums. "Um den Zugang zum Expertenwissen zu erleichtern, wollen wir auf einer übersichtlichen Forschungslandkarte abbilden, welcher Forscher bzw. welche Einrichtung für welche Frage der richtige Ansprechpartner ist", erläutert Matthias Themeßl. "Diese Karte soll einerseits die Kluft zwischen den Produzenten und den Anwendern des Klimawissens verringern, andererseits sollen damit auch die beachtlichen Leistungen der österreichischen Klimaforschung sichtbarer werden." (Doris Griesser, DER STANDARD, 24.10.2012)