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Hedgefonds sind die Experten der Umschuldung von verschuldeten Staaten ("Haircut").

Foto: Reuters/Yiorgos Karahali

Hedgefonds haben beim Poker um Griechenland ordentlich verdienen können. Seit Juni haben sich die Preise griechischer Staatsanleihen mehr als verdoppelt. Eine Reihe von US- und Londoner Fonds setzt nach Standard-Informationen darauf, dass Griechenland aus Angst vor den Folgen nicht aus dem Euro geschmissen wird.

Dabei haben einige Hedgefonds trotz der Umschuldung im März bereits Geld mit einer Wette auf Athen gemacht. Die Eigentümer von knapp 5,5 Milliarden Euro an Anleihen nach britischem Recht sind der Umschuldung entkommen. Der damalige griechische Finanzminister Evangelos Venizelos hatte beim Schuldenschnitt im März gedroht, unkooperative Gläubiger nicht zu bedienen. Viele Fonds hätten aber "gepokert und gewonnen", so Andreas Koutras, Direktor von ITCM.

 

Athen/London/Wien - Griechenland, das vergangene Woche vom vierten Generalstreik dieses Jahr lahmgelegt wurde, ist für Hedgefonds ein einträgliches Pflaster. Mit den riskanten Staatsanleihen des Landes, das im März die größte Umschuldung der Nachkriegszeit durchführte, lässt sich wieder Geld verdienen. Laut Daten von Markit sind etwa die griechischen Anleihen, die 2023 auslaufen, auf den höchsten Wert seit der Umschuldung gestiegen. Seit 1. Juni steht ein Plus von 150 Prozent zu Buche. Mit den knapp 60 Milliarden Euro an nominell ausstehenden Anleihen haben Anleger seit Juni knapp zehn Mrd. mit Kursgewinnen in Hellas verdient.

Spekulative Investoren wie der New Yorker Hedgefonds-Manager Daniel Loeb haben zuletzt Griechenland-Anleihen gekauft. "Hedgefonds sind die einzigen Käufer", so der Londoner Analyst Gabriel Sterne zum Standard. "Griechenland bietet eine der höchsten Renditen, und unserer Meinung nach ist das Risiko derzeit begrenzt." Sterne, der als Ökonom beim britischen Finanzunternehmen Exotix Investoren berät, glaubt, dass die Wahrscheinlichkeit eines "Grexit", eines Austritts Griechenlands aus der Eurozone, deutlich gefallen ist. Nur in diesem Szenario werden Anleiheninvestoren in Griechenland noch einmal große Verluste erleiden müssen. Doch Europas Politik werde den Austritt Griechenlands vermeiden: "Die wirtschaftlichen Kosten wären zu hoch."

Doch der Handel mit den neuen griechischen Anleihen ist nicht die einzige Renditechance, die Fonds in Athen ergriffen haben. Auch an der Umschuldung, oder besser gesagt, ihres Boykotts, haben viele Investoren verdient. Knapp 5,5 Milliarden Euro an Anleihen, die nach britischem statt griechischem Recht ausgegeben wurden, sind im März nicht Teil der schmerzhaften Umschuldung gewesen. Griechenlands Finanzminister Evangelos Venizelos hatte damals gedroht, dass auch Anleger, die sich nicht an der Umschuldung beteiligen, Verluste tragen werden.

Doch es sind seit Mai bereits zwei Anleihen vollständig bedient worden, auch Kupons wurden gezahlt - etwa mit dem Geld, das Griechenland aus den Rettungsfonds ziehen konnte. "Die Fonds haben gepokert und gewonnen. Das war eine gute Wette", sagt Andreas Koutras, der Direktor von ITC Markets in London. Dass Athen weiter die Anleihen nach britischem Recht bezahlt, ist für Sterne nachvollziehbar. "Die Troika sorgt sich wohl, dass aus Griechenland Argentinien wird, wenn es die Bonds nicht bedient." Argentinien ist 2002 bankrottgegangen. Mit einigen Hedgefonds, die die Bedingungen der Pleite nicht akzeptierten und erfolgreich klagten, liegt das Land heute noch im Clinch. So versucht der Hedgefonds Elliott Capital 300 Millionen Dollar Vermögen zu erkämpfen, und hat Anfang des Monats ein argentinisches Schiff im afrikanischen Ghana festsetzen lassen. Auch griechische Anleihen hält Elliott Capital.

Dabei ist Koutras verwundert, dass es im Fall Griechenland kaum Anlegerklagen gibt. Bis auf Klagen von Privatanlegern, etwa aus Deutschland, aber auch Griechenland, bleibt Athen vor rechtlichen Schritten weitgehend verschont. "Deshalb werden die Bonds nach britischem Recht bezahlt. Niemand will die politische Verantwortung für jahrelange Rechtskonflikte tragen." (Lukas Sustala, DER STANDARD, 23.10.2012)