Rom/Mailand - Später als Griechen, Spanier und Portugiesen rebelliert Italien gegen das Sparprogramm der Regierung Monti und die wuchernde Korruption. Zehntausende Menschen demonstrierten am Wochenende in Rom gegen das jüngst erlassene Stabilitätsgesetz. "Die Sparpolitik ist gescheitert", postulierte Cgil-Gewerkschaftsführerin Susanna Camusso und kündigte weitere Demos an. Premier Mario Monti bat in seiner Reaktion um Geduld: "In wenigen Monaten wird es klare Signale der Belebung geben."
Der Protest richtete sich auch gegen die grassierende Korruption in den Regionen. In Latium, Sizilien und der Lombardei wird deshalb neu gewählt, ermittelt wird auch in Emilia Romagna und Piemont. In Reggio Calabria musste der Stadtrat zurücktreten, weil er mit der Mafiaorganisation 'Ndrangheta kooperiert haben soll, und in Südtirol prüft der Rechnungshof die Verwendung öffentlicher Gelder.
Sorgen
Ohne Korruption, Steuerhinterziehung, Kapitalflucht und organisiertes Verbrechen hätte Italien keine Sorgen, Haushalt und die Schulden in Balance zu halten. Das hat das Wirtschafts- und Sozialforschungsinstitut Eurispes errechnet. Es beziffert den wirtschaftlichen Schaden heuer mit rund 720 Milliarden Euro. Das entspricht einem Drittel des Schuldenbergs und 45 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Die Zentralbank Banca d' Italia hatte 500 Mrd. Euro genannt - hochgerechnet auf Basis 2008. Inzwischen hat nicht nur die Korruption zugenommen, sondern auch die Umsätze von Mafia und Co. Das Parlament hat das Antikorruptionsgesetz verabschiedet, das unter anderem die Strafverfolgung von Bilanzfälschung vorsieht und eine "Antikorruptionskommission" im Ministerium für öffentliche Arbeiten eingerichtet. Instrumente zur Korruptionsbekämpfung fehlen aber. Monti versprach, dass das Gesetz durch Sonderklauseln ergänzt werde. (Thesy Kness-Bastaroli, DER STANDARD, 22.10.2012)