2008 hatte Pröll gut grinsen: Einem perfekt inszenierten Wahlkampf folgte sein bestes Wahlergebnis. 2013 tritt Pröll erneut an - und will, wenn alles mitspielt, weitere fünf Jahre dem Land "dienen".

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Gefeiert wird nicht. Erwin Pröll mache an seinem 20. Jahrestag als Landeshauptmann heute, Montag, business as usual, heißt es aus seinem Büro. Sein Start an der Landesspitze war auch nicht der glücklichste: "Es muss sich vieles ändern, damit das Gute bleibt, wie es ist", verkündete Pröll vor der ersten Landtagswahl, die er 1993 als Spitzenkandidat zu schlagen hatte. Er verlor 3,3 Prozentpunkte und, schmerzlicher, die absolute Mehrheit.

Prölls Landespartei lernte rasch: Alle Funktionäre, alle Stammwähler und vor allem ein aus parteifremden Prominenten rekrutierter Freundeskreis wurden auf "den Erwin" eingestimmt, das ganze Land in eine permanente Wahlkampfstimmung versetzt.

Wie das funktioniert, hatte Pröll wohl schon als kleines Kind erfasst, als er vom damaligen Bundeskanzler Leopold Figl erstmals beim Weinlesefest in Ziersdorf auf die Bühne gehoben wurde, "damitst die vielen Leut' besser siehst". Die Leute sehen, von den Leuten gesehen werden: Pröll hat das beherzigt. Und er hat es perfektioniert, wie der Wahlkampfauftakt 2008 in einem Festzelt voll blau-gelber Fahnen zeigte und der Wahlausgang bestätigte: 54,3 Prozent wählten die ÖVP, 300.000 gaben Pröll ihre Vorzugsstimme.

Lehre beim Bauernbund

Das politische Handwerk hat Pröll während der Kreisky-Jahre im Bauernbund gelernt. Vom Bauernbund wurde er 1980 als Landesrat (und kurz darauf als Landeshauptmannstellvertreter) in die Landesregierung entsendet. Dort baute er sich seine eigene Hausmacht auf: Er machte sich zum Anwalt der Dorferneuerung, der Ortsbildpflege und überhaupt des ländlichen Raumes, womit er den engen Adressatenkreis des Bauernbundes übersprang. Im Club Niederösterreich sammelte er Experten und Prominente und versuchte sich in Kulturarbeit.

So baute er eine Landesidentität auf, die bald mehr mit seiner Person als mit der seines Vorgängers Siegfried Ludwig verbunden wurde, der dem Land mit St. Pölten eine Landeshauptstadt verpasst hatte. Und er machte seine ersten Ausflüge in die Bundespolitik. In der ÖVP geht längst nichts mehr gegen den Nieder österreicher - auch wenn dieser nicht mit jedem Vorschlag erfolgreich ist: 1995 wollte er Johannes Hengstschläger zum VP-Chef machen, es wurde Wolfgang Schüssel. 2011 schlug er Michael Spindelegger vor, ob das ein Erfolg war, muss sich erst zeigen.

Pröll sagt, dass sein "Mut zur Entscheidung" manchmal "aneckt". Politische Gegner haben auch Lob für ihn übrig. Grünen-Chefin Madeleine Petrovic schätzt etwa seine Direktheit. Als autoritär und autokratisch wird Pröll aber auch erlebt. Auf Kritik reagiert er empfindlich. Diese hat Pröll von den wichtigsten Medien im Land, Niederösterreichische Nachrichten und ORF Niederösterreich, nicht zu befürchten. Äußerungen politischer Gegner finden sich dort kaum - und bei Pröll oft kein Gehör. Das Streiten mit Landeshauptmannstellvertreter Josef Leitner (SP) beispielsweise überlässt er anderen in der Partei, deren Netz in alle Winkel des Landes reicht. Doch auch in roten Gemeinden hat Pröll das letzte Wort: Welcher Ort wie viel aus dem Topf der Bedarfszuweisungen - Mittel für größere Vorhaben - erhält, entscheidet er.

Niederösterreich hat sich in den Augen des heute 65-Jährigen vom agrarisch geprägten Land zum "Wissenschafts- und Kulturland mit starker Offenheit in der internationalen Begegnung" gewandelt. Außenpolitisch ist Pröll tatsächlich aktiver als andere Landeschefs. Wer sich ansieht, welche Kulturlandschaft er schuf, welche Hochschul- und Forschungseinrichtungen er hochzieht (von der Uni in Gugging bis zum Med Austron in Wiener Neustadt), wird seiner Diagnose zustimmen.

Hohe Verschuldung

Das alles kostet aber viel Geld. Die hohe Pro-Kopf-Verschuldung kommt nicht von ungefähr. Auch Wohnbauförderungen wurden verspekuliert. Teuer kam das Skylink-Debakel - der Flughafenzubau kostete ein Vielfaches der ursprünglichen Schätzung. Für Kritik sorgt auch der Fokus auf den Individualverkehr. Entsprechend parkpickerlfeindlich gab Pröll sich zuletzt gegenüber Wien.

Dort werden seine Zwischenrufe noch öfter ertönen, Nachfolger baut Pröll keinen auf. Das ist auch nicht notwendig: Nach der Wahl im März 2013 will Pröll für weitere fünf Jahre antreten, "wenn ich gesund bleibe, das Vertrauen der Bevölkerung erhalte und auch das meiner Freunde". (Gudrun Springer/Conrad Seidl, DER STANDARD, 22.10.2012)