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Eugen Adelsmayr erfuhr in Österreich vom Urteil in Dubai. Der Richter sei offensichtlich einem gefälschten Gutachten gefolgt, sagt er.

Foto: APA/BARBARA GINDL

Dubai/Linz - "Es fällt mir relativ schwer, diese Sachen ernsthaft zu kommentieren. Der Richter ist hier offensichtlich vollinhaltlich dem gefälschten Gutachten gefolgt und hat die beiden mich entlastenden Gutachten ignoriert." So reagierte der österreichische Arzt Eugen Adelsmayr im ORF-Interview auf das in Dubai gefällte Urteil: Der 53-jährige Anästhesist und Intensivmediziner war am Sonntag in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Sein Mitangeklagter - ein indischer Arzt - war indes freigesprochen worden.

Den beiden Angeklagten war von der Anklage vorgeworfen worden, im Februar 2009 einen durch eine Halswirbelverletzung querschnittsgelähmten Patienten durch Unterlassung von Hilfeleistung und eine hohe Dosis Opiate getötet zu haben.

Adelsmayr kommentiert dies nun so: "Man hat den Ausführenden freigesprochen und mich als Anstifter zu lebenslänglich verurteilt." Und er weist noch einmal darauf hin, dass er "nachweislich ab zwei Tage vor dem Tod des Patienten gar nicht mehr im Dienst in dem Spital" gewesen sei. Tatsächlich hatte Adelsmayr Mitte Jänner 2009 seine Kündigung eingereicht. Der Patient verstarb am 21. Februar - 36 Stunden nachdem Adelsmayr das Krankenhaus verlassen hatte.

Nachweislich manipuliertes Gutachten

Und: Die Anwälte des Anästhesisten hatten während des Verfahrens nachweisen können, dass das Gutachten, auf dem die Mordanklage basierte, manipuliert worden ist. In der Übersetzung aus der Originalsprache Englisch ins Arabische fehlten 19 Seiten; alle entlastenden Punkte fehlten - und einige Punkte waren hinzugefügt worden, die im Original nicht zu finden waren.

Das Gericht in Dubai habe jetzt offenbar seinen indischen Kollegen "elegant aus dem Spiel" genommen, sagt Adelsmayr. Oder eigentlich gar nicht so elegant, denn der Arzt hatte noch gar nicht mit einem Urteil gerechnet: "Ich hätte noch auf einen juristischen Trick gewartet, durch den der Mitangeklagte von mir entkoppelt worden wäre."

Adelsmayr, der mittlerweile an einer Salzburger Privatklinik arbeitet, kann gegen das Urteil de facto keine Rechtsmittel ergreifen - er müsste erst in die Vereinigten Arabischen Emirate einreisen, um berufen zu können. Dort würde er aber umgehend inhaftiert werden - und es würde ihm noch immer die Todesstrafe drohen: Denn die Staatsanwaltschaft in Dubai kann ebenfalls noch 14 Tage lang Berufung anmelden - und die von ihr ursprünglich angepeilte Höchststrafe einfordern.

Eingeschränkte Reisefreiheit

Sicher ist: Österreich liefert eigene Staatsbürger nie in Länder aus, in denen die Todesstrafe droht. Wenn Dubai nun aber einen internationalen Haftbefehl ausstellen lässt, könnte der die Reisefreiheit des Arztes einschränken - weil andere Länder wieder andere Abkommen haben können. Ob ein Verurteilter von einem Land in ein anderes ausgeliefert wird, hängt davon ab, ob es ein binationales Abkommen gibt oder nicht.

Adelsmayr hatte Dubai Ende September nach einem diplomatischen Tauziehen während des Prozesses verlassen dürfen - um seine erkrankte Frau besuchen zu können. Danach war er mehrfach zu Verhandlungsterminen zurückgekehrt - ab 22. Februar dieses Jahres aber nicht mehr. (APA, frei, simo, DER STANDARD, 22.10.2012)