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Darabos auf einem Bild vom 4. Oktober.

APA-FOTO: HERBERT NEUBAUER

Wien - Die im Berufsheer-Modell von Verteidigungsminister Norbert Darabos vorgesehene Profi-Miliz wird offenbar gehörige Kosten verursachen. Wie aus einem internen Papier des Ministeriums, das der APA vorliegt, hervorgeht, wird die Miliz in einer Vollkostenrechnung klar über 100 Mio. Euro jährlich kosten. Dabei ist der zusätzliche Aufwand für Katastropheneinsätze, für die die Miliz ja vorgesehen ist, in diesen 100 Mio. Euro noch gar nicht berücksichtigt. Der Einsatz aller 9.300 Milizsoldaten nur ein Monat pro Jahr würde 21 Mio. Euro zusätzlich kosten.

Die Miliz soll in der Berufsarmee von Darabos aus 9.300 Soldaten bestehen. Jeder Soldat muss zwei bis drei Wochen im Jahr verpflichtend Übungen absolvieren. Bei Einsätzen muss er innerhalb von 48 Stunden dem Heer zur Verfügung stehen. Er bekommt jährlich 5.000 Euro Anerkennungsprämie, Übungen und Einsätze werden noch extra vergütet. Bisher wurden nur die Kosten für die Anerkennungsprämie (46,5 Mio. Euro) kommuniziert.

Darabos-Sprecher: Profi-Miliz halb so teuer wie Grundwehrdienst

Ein "Profi-Heer" wäre militärisch effizienter und ökonomisch sinnvoller, das Grundwehrdiener-System sei ineffizient, militärisch nicht sinnvoll und verursache hohe Kosten. Das konterte der Sprecher von Verteidigungsminister Norbert Darabos am Sonntag. Bei dem internen Papier handle es sich um "'Zahlenspiele' von Berufsheer-Gegnern aus dem Ministerium".

Der Grundwehrdienst koste pro Jahr insgesamt mindestens 430 Mio. Euro im Jahr - nämlich 200 Mio. für Verpflegung, Sold, Unterkunft und Ausbildung der Grundwehrdiener plus 70 Mio. für deren Pensionsbeiträge sowie 160 Mio. an Ausfällen bei Lohnsteuer und Sozialversicherungsabgaben. Selbst im engeren Sinn wären also die 100 Mio. Euro für die Profi-Miliz nur die Hälfte der Kosten des Grundwehrdienstes.

Der Darabos-Sprecher trat auch der Behauptung entgegen, ein Rekrut sei im Katastrophenfall billiger. Dabei werde nicht berücksichtigt, dass ein Grundwehrdiener im Schnitt nur einen einzigen Tag seiner sechs Monate beim Heer im Katastropheneinsatz sei. Es ist ökonomisch nicht effizient, 200 Mio. Euro jährlich für ca. 23.000 zwangsverpflichtende Grundwehrdiener auszugeben, die permanent im System erhalten werden. Sinnvoller ist es aus Sicht des Verteidigungsministers, anlassbezogen eine Profi-Miliz für Einsätze heranzuziehen. Dass ein Berufssoldat mehr koste als ein Grundwehrdiener kommentierte der Darabos-Sprecher mit "sic!" - verwies aber darauf, dass das Profi-Heer-Modell eine Reduktion der Berufssoldaten von 13.000 auf 8.500 vorsehe.

Aufgaben der Miliz

Diese Miliz soll hauptsächlich bei größeren Katastropheneinsätzen als Reserve für die Kadersoldaten eingesetzt werden. In ihrer jetzigen Form wird sie nur in Ausnahmefällen für Katastropheneinsätze herangezogen, nämlich dann, wenn während einer Naturkatastrophe gerade eine Milizübung stattfindet. Die Milizsoldaten sind derzeit vielmehr ein wichtiger Bestandteil der Auslandskontingente, sie stellen mehr als die Hälfte der Soldaten im Ausland. Die Kosten für die derzeitige Miliz wurden vom Ministerium bei den Bundesheer-Modell-Berechnungen Anfang 2011 mit 19 Mio. Euro pro Jahr angegeben.

Die Abteilung Einsatzvorbereitung hat sich mit den finanziellen Folgen einer etwaigen Systemumstellung genauer befasst und in Reaktion auf ein Dossier, das vom Ministerium an die Truppe ausgeschickt wurde und in dem das Berufsheer-Modell von Darabos beworben wurde, "konstruktiv kritische" Bemerkungen in einem sogenannten Dienstzettel dazu gemacht.

Abteilungsleiter Stefan Thaller ersucht am Beginn seines Schreibens, süffisant, nach Erhalt des "Informationspaketes" über ein Berufsheer um die "dringende Übermittlung" eines "Informationspaketes Wehrpflicht". Zum "Informationspaket" Berufsarmee merkt er an, dass dieses zwar die Vollkosten für circa 22.000 Grundwehrdiener mit 213 Mio. Euro pro Jahr beziffere, nicht aber alle Kosten für ein "Profi-Heer mit Miliz" ausweist. Nach Thallers Berechnungen wird die geplante Profi-Miliz mit 9.300 Soldaten "bei einer Vollkostenrechnung klar über 100 Mio. Euro pro Jahr" kosten.

46,5 Mio. Euro kostet alleine die jährliche Anerkennungsprämie von 5.000 Euro. Dienstgradzulagen, Monatsgelder und Milizprämien während der Übungen verursachen weitere Kosten von rund 13 Mio. Euro pro Jahr. Hinzu kommen Kosten für die Vor- und Nachbereitung dieser Übungen, Kosten für Verpflegung, Unterkunft, Flurschäden, Munition, Fahrkostenersatz und dergleichen. Dazugerechnet werden müssten zudem Ausgaben für Werbemaßnahmen, für die Eignungsüberprüfungen, für die Ausbildung sowie für die Schaffung der nötigen Rahmenbedingungen, damit sich überhaupt 9.300 Freiwillige finden. So müssten etwa Milizförderungen für Arbeitgeber geschaffen werden, damit diese für die Übungen zwei bis drei Wochen im Jahr auf ihre Arbeitnehmer verzichten.

Unter dem Strich ergeben sich daher laut Thaller Kosten von über 100 Mio. Euro. Dabei sind in dieser Vollkostenrechnung die Kosten für etwaige Einsätze noch gar nicht berücksichtigt. Eine Pionierkompanie mit 115 Soldaten würde bei einem vierwöchigen Einsatz 260.000 Euro an Personalkosten zusätzlich verursachen (siehe zweite Meldung). Der Einsatz aller 9.300 Milizsoldaten nur ein Monat pro Jahr würde 21 Mio. Euro zusätzlich kosten.

Last but not least kommt der Experte auch zu dem Schluss, dass die Profi-Miliz anders als behauptet nicht in 48 Stunden einsatzbereit sein werde, sondern für Einsätze eine Woche Vorlaufzeit brauchen werde. (APA, 21.10.2012)