Charkiw - Weil sie sich im Krankenhaus ausspioniert fühlt, hat die wegen Amtsmissbrauch verurteilte ukrainische Exregierungschefin Julia Timoschenko aus Protest ihre sofortige Rückverlegung in eine Gefängniszelle verlangt. In der Klinik in Charkow stehe Timoschenko unter einer "unmenschlichen und absolut grausamen" Dauerüberwachung per Videokameras, sagte ihr Anwalt Sergej Wlassenko am Freitag.

Unbekannte hatten vor wenigen Tagen einen Mitschnitt aus Timoschenkos Krankenzimmer im Internet veröffentlicht, dabei ist Timoschenko zu sehen, wie sie in Stöckelschuhen mit einem Rollator durch das Krankenzimmer geht. "Das ist empörend", sagte Wlassenko. Nach Bekanntwerden des Clips hatte er noch von einer "Fälschung" gesprochen. Die 51-Jährige habe in einem Brief an Präsident Viktor Janukowitsch ihre Verlegung verlangt. Die Forderung könnte vor der Parlamentswahl in der Ukraine am 28. Oktober die gespannte Stimmung in der Ex-Sowjetrepublik weiter anheizen.

Timoschenko misstraut einheimischen Medizinern und wird seit Anfang Mai in Charkow von Spezialisten der Berliner Charite-Klinik unter anderem wegen starker Rückenschmerzen behandelt. Die deutschen Ärzte hätten die Zustände im Krankenhaus der Stadt rund 450 Kilometer östlich von Kiew als "Stress" für Patienten kritisiert.

In einem angeblichen Schreiben der Charite, das Timoschenko auf ihrer Internetseite veröffentlichte, heißt es, dass die Verhältnisse in der Ukraine keine geeignete Therapie zulassen würden. Die Charite sei aber zu einer Behandlung der zu sieben Jahren Haft verurteilten Politikerin in Berlin bereit. Die ukrainische Regierung lehnt das ab. (APA, 19.10.2012)