Angst gehört ganz sicher nicht zum Wortschatz oder gar zum Repertoire der Befindlichkeiten einer Führungskraft - zumindest nicht nach außen. Selbst der geringste Anflug davon könnte als Schwäche interpretiert und der Chefsessel zum Schleudersitz werden. Wie aber sieht es mit dem " Innenleben" der Führungskräfte aus? Dieser Frage widmete sich Samantha Scherzer (jobs Personalvermittlung) und befragte 406 Führungskräfte zum Thema Angst im beruflichen Kontext - und im Dienste der Wissenschaft.
Zentrale Themen der Umfrage sind: Was sind die häufigsten Ängste von Führungskräften? Haben weibliche Führungskräfte (in der Erhebung 24 Prozent) andere Ängste als männliche Führungskräfte (76 Prozent)? Und: Ändern sich die Ängste mit dem Alter?
Nicht relevant, so die Studienautorin, sei - sowohl bei Frauen als auch bei Männern - die Angst vor Neuem. Offenbar, so Scherzers Erklärung, haben erfolgreiche Manager gelernt, sich Hilfe in Innovationsprozessen zu holen und sind deshalb in der Lage, "ihre Angstgefühle diesbezüglich zu disziplinieren". Mit Unsicherheiten riskieren sie ihren Job, zumal von ihnen erwartet werde, Neues voranzutreiben.
Bedeutung des Jobs
Deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern gebe es bei der Angst vor Krankheit und Unfall, der Angst vor Arbeitsplatzverlust und der Angst, Fehler zu machen. Männliche Führungskräfte seien laut Erhebung weitaus häufiger von der Angst vor Krankheit und Unfall wie der Angst vor Arbeitsplatzverlust betroffen als ihre weiblichen Kollegen. Der Verlust der körperlichen Unversehrtheit könnte dazu führen, den betrieblichen Anforderungen nicht mehr gerecht werden zu können und dadurch Ansehen und eben auch den Arbeitsplatz zu verlieren. Als existenziell bedrohlich werde das insofern wahrgenommen, als Männer sich stärker mit ihrer beruflichen Tätigkeit identifizieren und sehr viel Selbstwert aus ihrer Führungsrolle beziehen, so die Schlussfolgerung. Frauen tun dies offenbar weniger. Vielmehr haben diese wiederum weitaus häufiger Angst davor, Fehler zu machen. Erarbeitete Wertschätzung, Spielräume und Kompetenzen möglicherweise wieder zu verlieren wird von weiblichen Führungskräften als bedrohlich wahrgenommen.
Am wenigsten Angst haben sehr junge und ältere Führungskräfte (60+) - die einen aufgrund von Arbeits- und Lebenserfahrung, die anderen aufgrund der noch offenen Möglichkeiten. (red, DER STANDARD, 20./21.10.2012)