Foto: Oesterreichs Energie/Martin Vandory
Foto: Oesterreichs Energie/Martin Vandory

Der deutsche Energieexperte Fritz Vahrenholt hält die Energiewender in der derzeit angestrebten Form für zu hastig und mit den falschen Argumenten angepackt. So das Fazit seiner Rede am Oesterreichs Energie Kongress 2012.

Großes soziales Problem

Strom aus erneuerbaren Energien sei mittlerweile zu einem immensen Kostenproblem und so zu einem sozialen Problem geworden: Die Belastung eines deutschen Haushalts durch Ökostrom ist mit der kürzlich erhöhten EEG-Umlage um 60 Euro im Jahr gestiegen (in Österreich sind es im Vergleich dazu "nur" 36 Euro jährlich).

Als weitere Probleme sieht Vahrenholt die Belastung der Netze durch den ungehemmten Stromüberfluss aus erneuerbaren Energien sowie den Druck auf den Strompreis und die damit unrentabel werdenden Gas- und Pumpspeicherkraftwerke. Dabei sei gerade die Pumpspeicherung die wettbewerbsfähigste Form, um Elektrizität zu speichern. Österreich sei klug genug gewesen, auf Wasserkraft zu setzen.

Panikmache zwecklos

Der große Treiber in Sachen Energiewende, der Klimawandel, entpuppe sich laut Vahrenholt bei näherer Betrachtung als weniger dringlich, als angenommen: Seit 15 Jahren habe sich die Durchschnittstemperatur global nicht mehr erhöht. Vahrenholt erwartet sogar eine Abkühlung in den kommenden 30 Jahren. Er stützt seine These auf die Sonnenaktivität als Faktor, der das Klima beeinflusst. Vor diesem Hintergrund mahnt er zu mehr Ruhe in der, seiner Meinung nach, zu hektisch geführten Debatte um die Energiewende. Die Umstellung müsse kommen, aber es reiche im Laufe der nächsten 50 bis 100 Jahre.

Auch wenn fossile Brennstoffe sicherlich ausgehen werden, müsse man keine angstgetriebene Energiepolitik führen. Vahrenholt sieht die Erdabkühlungs- und -erwärmungszyklen natürlichen Ursprungs: „Die Sonne gibt uns Zeit, das Energiesystem auf vernünftige Weise umzustellen. Bis 2050 sollten 50 Prozent der Energie aus erneuerbaren Quellen kommen. Das wäre ein vernünftiges Ziel."

Die zusätzliche Zeit will Vahrenholt nutzen, um den Wechsel auf erneuerbare Energiequellen, überlegter zu vollziehen als bisher: „Wir wollen die Elektromobilität nach vorne bringen, um den Ausstoß von Treibhausgasen zu verringern. Aber wie soll das mit dem Plan, rund 25 Prozent des Strom- und Energieverbrauchs einzusparen, zusammenpassen?" In Vahrenholts Augen stimme die Richtung, jedoch müssten die Strategien überdacht werden. Bisher habe man sich alles zu einfach vorgestellt.

Hochkarätige Diskussion zur Energiewende

Im Anschluss an den Vortrag von Fritz Vahrenholt diskutierte ein prominent besetztes Podium zum Thema Energiewende. Dabei trafen mit Umweltschutz und Energieerzeugern vermeintlich unterschiedliche Lager aufeinander. Am Ende herrschte jedoch weitgehend Einigkeit hinsichtlich der bevorstehenden Umstellung auf erneuerbare Energieträger.

Wolfgang Anzengruber, Vizepräsident von Oesterreichs Energie, nahm den Faden, den Fritz Vahrenholt zuvor spann, auf und teilte dessen Ansicht, emotionslos und mit Ruhe an die Thematik heranzugehen: „Um den Herausforderungen zu begegnen, sollten wir technologieoffen und synchronisiert an die Fragen herangehen. Zudem müsse das Prinzip der Wirtschaftlichkeit und Effizienz dabei in den Vordergrund gerückt werden."

Weniger Zustimmung kam seitens des Greenpeace Geschäftsführers für Zentral- und Osteuropa, Alexander Egit: „Die Frage hinsichtlich des Klimawandels ist: Wem vertraue ich? Ihnen vertraue ich nicht, Herr Vahrenholt."

Vom Solarunternehmer Robert Kanduth kam die Warnung, keinesfalls dem Irrtum zu verfallen, Energiegewinnung in südliche Länder zu verlegen, weil das neue Abhängigkeiten schaffe: „Europa muss langfristig energieautark werden, ohne die Nutzung fossiler Brennstoffe."

Während Vahrenholts Thesen zum Klimawandel hitzig diskutiert wurden, herrschte in einem Punkt Einigkeit: Die Energiewende ist unausweichlich. Offen ist einzig, wie man ihr am besten begegnet.