Er ist noch immer da. Fidel Castro hat zwar die Regierungsgeschäfte abgegeben, er ist offensichtlich gebrechlich, aber er ist noch da. Castro ist Kuba, und zwar seit 1959, als er und eine Handvoll bärtiger Revolutionäre den brutalen, US-gestützten Diktator Fulgencio Batista stürzten und durch eine nicht weniger brutale, Sowjetunion-gestützte Diktatur ersetzten. Das Elend der Bevölkerung wurde durch etwas gleicher verteilte Armut ersetzt. Es gibt allerdings keinen Staat im Staat der Drogenmafia wie in Mexiko, aber auch nicht eine breite Mittelklasse durch soziale Marktwirtschaft wie in Brasilien. 

Ja, und vor 50 Jahren hat Castro fast den Dritten Weltkrieg (mit) verursacht. Er gestattete der Sowjetunion, auf Kuba Atomraketen gegen die USA zu installieren. Als US-Präsident John F. Kennedy eine Seeblockade verhängte und ultimativ den Abzug der Raketen forderte, empfahl Castro in einem langen Brief an Nikita Chruschtschow den atomaren Erstschlag.

Später sagte er: „Ich war absolut überzeugt davon, dass sich der Krieg unausweichlich zu einem nuklearen entwickeln würde. In dieser Situation durfte man es nicht dem Gegner überlassen, über den Zeitpunkt des Erstschlages zu entscheiden." Chruschtschow zog die Raketen zurück (auch weil Kennedy im Gegenzug US-Nuklearwaffen in der Türkei abbaute). Castro, heute 86, gibt es immer noch, als Erinnerung, dass auch politischer Wahnsinn nicht immer bestraft wird. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 19.10.2012)