Mehr als 150 Menschen versammelten sich am Schwarzenbergplatz und marschierten anschließend zum ORF-Funkaus, der Arbeiterkammer und der Wirtschaftskammer.

Foto: derStandard.at/Pichler

Gerhard Ruiss prangerte die Arbeiterkammer an: "Blockieren seit 30 Jahren."

Foto: derStandard.at/Wisniewska

Eine Forderung auf der Demo.

Foto: Pichler

Am Abend gingen über 60 Menschen gegen die Festplattenabgabe auf die Straße

Foto: sum

Gegner der Festplattenabgabe

Foto: sum

Am Mittwoch fand in Wien eine Demonstration für die Festplattenabgabe statt. 27 Verbände österreichischer Kunstschaffender und UrheberInnen demonstrierten vor dem ORF-Funkhaus, der Arbeiterkammer und der Wirtschaftskammer. Laut der Initiative richtet sich die Demonstration gegen die Sozialpartner, die sich gegen die Festplattenabgabe aussprechen - Bilder Demonstration finden sich hier.

"Arbeiterkammer blockiert"

Autor und Co-Initiator Gerhard Ruiss sagte, es sei das erste Mal, dass die Kunstschaffenden solch eine Demonstration veranstalten würden. "Die Arbeiterkammer blockiert seit Jahrzehnten die Urheberrechte", so Ruiss. An der Pressekonferenz am Vormittag nahmen neben Ruiss auch die Musiker Birgit Denk und Peter Paul Skrepek teil. Der Schauspieler Karlheinz Hackl und die Sängerin Stella Jones ließen sich krankheitsbedingt entschuldigen. 

Ausweitung ein "logischer Schritt"

Die seit 1980 eingehobene Leerkassettenvergütung, die beim Kauf von leeren Datenträgern eingehoben wird, geht laut Initiatoren zur Hälfte an die Kunstschaffenden und zur Hälfte an soziale und kulturelle Einrichtungen. Die Datenträger, die mittlerweile veraltet und nicht mehr in Mode sind, seien von 18 Millionen Euro Einnahmen in fünf Jahren auf acht Millionen Euro geschrumpft. Deshalb sei die Ausweitung der Abgabe auf Festplatten ein logischer Schritt.

4.000 geschützte Werke

Laut einer Umfrage der Initiative unter 500 Personen haben User in Österreich durchschnittlich 4.000 urheberrechtlich geschützte Werke auf der Festplatte. Auf die Frage des WebStandard, ob es sich dabei auch um Software, beispielsweise Betriebssystem, Büro-Software et cetera, handle, meinte Ruiss lediglich, dass es sich um "kopierte Werke" handle. "Ob diese legal oder illegal erworben wurden, ist hier nicht die Frage." Wie viele von diesen Werken bereits bezahlt wurden, konnte Ruiss nicht beantworten. Aus dem Publikum sagte eine Dame, die zur Entourage der Kunstschaffenden gehörte: "Keine." Inwieweit diese Studie repräsentativ ist und welche Faktoren genau untersucht wurden, ist nicht bekannt.

"Selbstfinanzierung soll genommen werden"

"Die Arbeiterkammer vertritt nicht die Interessen der arbeitenden Menschen", fuhr Skrepek fort. Als Beispiel brachte er das Theater Akzent, das über die Leerkassettenabgabe finanziert werde. "Die Arbeiterkammer wollte das Theater schließen", so Skrepek. "Und jetzt soll noch die Selbstfinanzierung genommen werden."

"Jugendliche verkaufen Seele an den Teufel"

Birgit Denk versteht die Aufregung um die Festplattenabgabe nicht. Das Geld werde bereits kassiert, aber keiner wisse, was mit dem Geld geschehe. "Als Urheberin will ich wissen, was mit dem Geld passiert", so Denk. Generell störe sie die Gratiskultur der Jugendlichen, die nicht mehr wissen würden, dass die Produktion von Musik etwas koste. Die Menschen würden die Forderung nach der Festplattenabgabe laut Denk verstehen. "Die Leute zahlen das schon seit ihrer Geburt." Man müsse der jungen Generation ohne Emotionen erklären, dass Musik etwas koste. Skrepek fügte hinzu: "Die Jugendlichen zahlen oft für Inhalte mit ihren Daten. Sie verkaufen ihre Seele an den Teufel."

Ausweitung der Festplattenabgabe

Ruiss kann die Argumente gegen die Festplattenabgabe "nicht mehr hören". Privatkopien beziehungsweise Downloads seien "die Praxis, und das weiß jeder". Skrepek verschärfte die Forderung sogar und meinte, diese sollte auf alle Speichermedien ausgeweitet werden. "Die Abgabe auf Mobiltelefone wird uns wahrscheinlich auch gelingen", so der Autor und Musiker. "Je mehr Speichermedien mit der Abgabe versehen werden, umso weniger muss der Konsument dann zahlen." Im Gesetz sei ohnehin nicht festgeschrieben, um welche Speichermedien es sich handle. Das Recht auf eine Privatkopie solle aber bleiben.

Internetabgabe ist "Schritt von morgen oder übermorgen"

Dass die Sozialpartner das nicht unterstützen, will die Initiative nicht auf sich sitzen lassen. "Die Regierungsparteien sind mehr oder weniger dafür", so Ruiss. Zu dem Vorschlag Grünen nach einer Internetabgabe meinte Ruiss: "Das ist eine Schritt von morgen und übermorgen. Wir gehen jeden technischen Schritt mit."

Unterwandert?

Mit wie vielen Demonstraten Ruiss und die Mitinitiatoren rechnen, wollte er nicht sagen. "Wir gehen nicht, um massenhaft aufzutreten, sondern um ein Zeichen zu setzen." Bilder der Kundgebung finden sich in dieser Ansichtssache. Manche der Slogans lassen vermuten, dass die Demo von Gegnern der Abgabe unterwandert wurde.

Konfrontiert mit der Gegendemo, die ebenfalls am Mittwoch stattfindet, sagte Ruiss: "Die findet erst um 18 Uhr statt, die stehen dann vor verschlossenen Türen."

Update 19:44: Am Abend gingen über 60 Menschen gegen die Festplattenabgabe und für eine zeitgemäßes Urheberecht auf die Straße. Die Aktivisten zogen von der Zentrale der AKM und AustroMechana zum Justizministerium. (iw, derStandard.at, 17.10.2012)