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Betongold als Wertanlage? Daran gibt es durchaus auch Zweifel.

Foto: APA/Pfarrhofer

Betongold glänzt in den Augen vieler Österreicher hell wie selten zuvor. In einer Studie des Meinungsforschungsinstituts Gfk Austria gab mehr als ein Drittel der Befragten an, Eigentumswohnungen und Häuser als "besonders interessantes" Investment anzusehen. Niedrige Sparzinsen, die Furcht vor dem Zusammenbruch des staatlichen Pensionssystems und generelle Verunsicherung in Folge der Finanz- und Euro-Krise haben eine Flucht der Anleger in Immobilien ausgelöst. Wer es sich leisten kann, der kauft. Vor allem im gehobenen Mittelstand ist die Nachfrage trotz stark steigender Preise groß.

Aber ist die Investition in Vorsorgewohnung, Eigenheim und Grundstück zum jetzigen Zeitpunkt sinnvoll? "Das kommt auf das Objekt an", sagt Thomas Malloth diplomatisch. Der Makler und Obmann des Fachverbandes der Immobilien- und Vermögenstreuhänder der Wirtschaftskammer Österreich sieht im Moment zwar kaum "Schnäppchen" auf dem Markt. Trotzdem bezeichnet Malloth Immobilien als einzige Wertanlage, "die vor dem Totalverlust und Inflation schützt".

Inflationsschutz statt Rendite

Diesen Aussagen dürften sich viele Anleger anschließen. Laut einem im Sommer veröffentlichten Lagebericht der Bank Austria sind die Hälfte der Käufer - sowohl von Eigentumswohnungen, als auch von Zinshäusern - private Investoren. Vielen von ihnen dient Anschaffung scheinbar weniger dazu, Gewinne zu erwirtschaften, sondern mehr, der Geldentwertung entgegenzutreten - was eine nicht unbedenkliche Entwicklung nach sich zieht: "Die starke Nachfrage nach Anlegerwohnungen und Zinshäusern hat zu einem massiven Rückgang der Renditen geführt, da diese (privaten; Anm.) Investoren den Erhalt ihres Investments und weniger den Ertrag in den Vordergrund stellen", resümieren die Immo-Fachleute der BA.

Preise im Höhenflug

Zudem lässt die Entwicklung die Preise in die Höhe schnellen, wie ein Blick in den aktuellen Immobilienpreisspiegel der Wirtschaftskammer zeigt. Eigentumswohnungen und Häuser werden in weiten Teilen Österreichs immer teurer. Der Quadratmeter-Preis einer Eigentumswohnung in Wien beträgt im Durchschnitt 3298,47 Euro - ein Plus von 9,72 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Selbst gebrauchte Objekte kosten heute um 10,52 Prozent mehr. Ähnlich stellt sich die Situation in den Landeshauptstädten dar.

Die Preisentwicklung verblüfft sogar die Makler: "Aktuell werden Eigentumswohnungen zu Quadratmeterpreisen gekauft, die vor wenigen Jahren nicht als marktkonform gegolten hätten", heißt es im Jahresbericht 2012 des Österreichischen Verbands der Immobilientreuhänder (ÖVI).

Bei Baugründen treibt der steigende Bedarf die Preise in lichte Höhen: Auch hier liegt die Bundeshauptstadt mit durchschnittlich 525,4 Euro pro Quadratmeter in Front. Im Jahresvergleich ist die stärkste Verteuerung in Vorarlberg zu beobachten, der Zuwachs im "Ländle" liegt bei 7,79 Prozent.

Die potenzielle Rendite der Anleger kann nicht zuletzt auch die mit 1. April in Kraft getretene Immobilienertragssteuer schmälern. Beim Verkauf einer Wohnung, die nicht Hauptwohnsitz ist, gehen seither 25 Prozent des Vermögenszuwachses an den Fiskus. Grundstücke und so genannte grundstücksgleiche Rechte (wie etwa das Baurecht) unterliegen ebenfalls der neuen Regelung. Die zuvor geltende, zehnjährige Spekulationsfrist wurde bis auf wenige Ausnahmefälle abgeschafft.

Markt beobachten

Wer jetzt auf den Zug aufspringen und auch noch eine gute Rendite herausholen will, sollte vorsichtig vorgehen. "Es gibt so viele Unklarheiten. Die Lage der Immobilie kann entwertet werden, unerwartete Kosten können bei der Sanierung auftreten. Und die gesetzlichen Rahmenbedingungen können sich ändern", mahnt Walter Hager vom Verein für Konsumenteninformation. Er empfiehlt, den Markt genau zu beobachten.

Nachrechnen sollten Anleger, wenn Renditen von vier bis fünf Prozent versprochen werden, sagt Hager, der vom Kauf im Moment eher abraten würde: "Das gilt nur, wenn wirklich alles stimmt und das Objekt nicht fremdfinanziert wurde."

Geduld gefragt

Aufseiten der Immobilientreuhänder ist man hingegen nach wie vor vom Wert von Vorsorgewohnung und Co. überzeugt. "Eine gute Immobilie in städtischer Lage sollte einen neuen Besitzer finden", meint Anton Holzapfel, Geschäftsführer des ÖVI. Die wachsende Zahl an Patchwork-Familien und Single-Haushalten würde für ausreichend Nachfrage sorgen, der Mietmarkt biete noch Luft nach oben.

Zwei Zimmer plus Abstellkammer, ein kleiner Balkon, gute öffentliche Anbindung und auch mit dem Pkw gut erreichbar - so beschreibt Holzapfel die ideale Vorsorgewohnung im Stadtgebiet. Er empfiehlt, eine Prognoserechnung zu erstellen und die Mietpreise nicht gleich am obersten Ende anzusetzen. Für Altbauwohnungen gelten nach dem Mietrechtsgesetz Obergrenzen, worüber sich der Käufer bereits im Vorfeld im Klaren sein müsste. Und beim Weiterverkauf sei dann Geduld gefragt: "Es ist nicht wie an der Börse, dass ich das Objekt gleich am nächsten Tag wieder abstoßen kann", sagt Holzapfel.

Wirtschaftskammer-Spartenobmann Malloth rät allgemein zum Kauf von Wohnungen und Häusern in der Nähe einer Agglomeration, sprich: im Speckgürtel um größere Städte. Zuschlagen sollte aber nur, wer realistische Aussichten auf einen Mieter habe.

Unmögliche Bewertung

Aber egal, wie gut sich der Käufer vor Vertragsabschluss informiert und vorbereitet, ein Restrisiko bleibt immer. Wie sich der Wert einer Immobilie langfristig verhalte, lasse sich wissenschaftlich nicht abschätzen, sagt Wolfgang Feilmayr von der Technischen Universität Wien. Der auf Immobilienbewertung spezialisierte Professor schmettert sämtliche Fragen nach möglichen Preis- und Marktentwicklungen mit dem Hinweis auf "Kaffeesudleserei" ab.

Feilmayrs deutscher Kollege Steffen Sebastian drückt es gegenüber der Wochenzeitung Zeit noch drastischer aus: "Im Grunde kann man sogar fragen, ob die Geldanlage in Immobilien in den vergangenen 30 Jahren wirklich sinnvoll war - oder ob es nur zufällig geklappt hat", so Sebastian, Professor für Immobilienfinanzierung an der Uni Regensburg.

Angst vor der Blase

Gekauft wird dennoch - mitunter sogar ein ganzer Wohnblock. Allein in Wien wechselten zwischen Jänner und Juni 2012 Zinshäuser im Wert von mehr als 400 Millionen Euro den Besitzer. Manche Experten warnten bereits vor einer Immobilienblase. Bereits im März schlug der Chefökonom der Industriellenvereinigung (IV), Christian Helmenstein, Alarm: "Österreich befindet sich möglicherweise an der Schwelle zu einer Immobilienblase. Es gibt aber keinen Politiker, der bereit wäre, eine sich aufbauende Blase zu stoppen."

Der Chefanalyst der Erste Bank, Hans Engel, verglich die Situation im Sommer gar mit der Dotcom-Blase zu Anfang des Jahrtausends: "Die Euphorie von damals ist mit der heutigen vergleichbar. Die Leute sagen, Immobilien sind eine absolut sichere Anlage. Die Leute kaufen, ohne den fairen Wert zu kennen."

Eine Einschätzung, die ÖVI-Geschäftsführer Holzapfel nicht teilt: "Die vielzitierte Blase gibt es nicht, weil die Mietpreisentwicklung Schritt gehalten hat." In einzelnen Regionen sei aber eine Überhitzung des Marktes festzustellen. Zum Beispiel in den Toplagen der Wiener Innenstadt. Der Quadratmeterpreis für Eigentumswohnungen liegt dort teils bereits zwischen 8000 und 16.000 Euro.

Verbraucherschützer Hager zeigt sich skeptisch: "Immer, wenn viel Geld in eine Richtung fließt, ist die Gefahr einer Blase immanent." (Philip Pfleger, derStandard, 23.10.2012)