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Jürgen Melzer widmet dem Tennis wieder seine vollste Aufmerksamkeit. " Ich habe viel Arbeit reingesteckt." Nach Verletzungen spielt er in der Stadthalle erstmals seit langem fast schmerzfrei.

Foto: APA/ Pfarrhofer

Wien - Die Verhärtung im Oberschenkel ist abgeklungen, der Rücken zwickt, aber vergleichsweise angenehm. Auch die Hüfte verhält sich ruhig, derzeit meldet der Körper keine Spur von Belastungsschmerzen. Vor seinem 13. Auftritt in Serie beim Wiener Tennisturnier in der Stadthalle ist Jürgen Melzer zuversichtlich gestimmt. "Es geht in eine gute Richtung", sagt der 31-jährige Niederösterreicher dem Standard. "Die drei Wochen in Asien, vor allem der Viertelfinaleinzug in Peking, haben mir wieder Selbstvertrauen gegeben. Ich habe Tennis auf sehr gutem Niveau gezeigt."

Die Motivation vor dem Heimspiel ist für Melzer immer speziell. "Aber die Ausgangsposition ist eine andere als in den vergangenen zwei Jahren. Die Erwartung ist diesmal nicht so hoch." Nach den Triumphen 2009 und 2010 (als Topspieler des Turniers) kam Melzer im Vorjahr als Titelverteidiger an den Vogelweidplatz und scheiterte bereits im Viertelfinale. Ein Szenario, das diesmal vielleicht die Zuschauer enttäuschen, der Nummer vier des Turniers aber kein Kopfzerbrechen bereiten würde. Der topgesetzte Juan Martin del Potro aus Argentinien und der Serbe Janko Tipsarevic "sind derzeit klar über mich zu stellen".

Auftaktgegner nach einem Freilos in Runde eins ist am Mittwoch der Luxemburger Gilles Muller. "Er ist ein unangenehmer Linkshänder", sagt Melzer über die Nummer 81 der Welt. Im Head-to-Head steht es 2:0 für Melzer, den Favoritenstatus kann die diesbezügliche Nummer 37 des Rankings nicht verleugnen.

Melzer hat drei Möglichkeiten, um einen auch für ihn versöhnlichen Saisonabschluss zu schaffen, nach Wien startet er noch in Valencia und Paris. "In diesem Jahr habe ich sehr oft Stehaufmännchen gespielt", sagt die ehemalige Nummer acht der Welt. "Kaum habe ich geglaubt, es funktioniert wieder, bin ich in einen Hammer hineingelaufen."

Begonnen hat die Saison mit dem überraschenden Sieg im Februar in Memphis, seinem vierten Karrieretitel. Dann folgte eine Flaute, Höhepunkt war die Pleite gegen den damals Weltranglisten-489. Bradley Klahn bei den US Open. Erst vor zwei Wochen in Peking gelangen ihm bei einem Turnier wieder zwei Siege in Folge, ehe er am Serben Novak Djokovic scheiterte.

Ablenkung und Arbeit

"Klar ist man unzufrieden", sagt Melzer, der im Frühjahr an einem Bänderriss und Hüftproblemen zu kiefeln hatte. "Ich bin am Platz für jeden Fehler bestraft worden. Wenn's hingegen läuft, machst du auch mit schlechten Bällen Punkte." Dazu kam auch eine schöne Ablenkung - während der Vorbereitung auf seine Hochzeit mit Iveta Benesova Mitte September ließ er das Training schleifen.

Mittlerweile hat Tennis wieder Melzers vollste Aufmerksamkeit. "Ich habe viel Arbeit reingesteckt." Die Selbstverständlichkeit, Siege zu feiern, war ein großer Antrieb. Aber nicht nur: "Ich habe einen mördergeilen Beruf, es macht mir irrsinnig viel Spaß, am Platz zu stehen." Als Ziele für 2013 nennt Melzer mehr Sicherheit und dennoch höhere Intensität im Spiel, weniger Fehler und stabilere Vorhand-Schläge.

Wenn der Körper mitspielt, sollten noch ein paar Saisonen drin sein, auch wenn die Planungen Melzers nicht über 2014 hinausgehen. "Und sofern die diesjährige Saison mit dem Auf und Ab und den Verletzungen nur ein Ausrutscher war." Vorbild ist auch Wien-Starter Tommy Haas, der 34-jährige Deutsche hat sich im Ranking erstmals seit zweieinhalb Jahren wieder in die Top 20 vorgekämpft. In Asien hat Melzer mit dem Weltranglistenzweiten Djokovic trainiert. "Sich mit Spielern wie Djokovic zu messen, das muss das Ziel sein", sagt er. Und damit meint Melzer nicht nur Trainingsspiele. (David Krutzler, DER STANDARD, 17.10.2012)