Wien - Brigitte V. ist nicht nur Mitglied der Bankiersfamilie Rothschild, sondern auch Ex-Geliebte des Industriellen Hannes Androsch, der ihr millionenschwere Aktienpakete versprochen hat. Seit Dienstag sitzt sie gemeinsam mit ihrem Ex-Mann Gerold P. in Wien vor Gericht. Denn für die noble Abstammung, die Liebschaft und die Wertpapiere gibt es zwar Urkunden - die aber gefälscht sind. Im Zusammenhang mit der Veruntreuung von über drei Millionen Euro Kundengeldern, die das Paar in seiner Steuerberatungsfirma auf die Seite geschafft haben soll.

Vor Daniela Setz-Hummel, der Vorsitzenden des Schöffensenates, streitet der Erstangeklagte P. diesen Vorwurf der Veruntreuung energisch ab. Seine Frau sei faktische Geschäftsführerin gewesen, sie habe die Malversationen alleine begangen. Und überhaupt: Seine geschiedene Frau, die er vor gut 25 Jahren kennengelernt hat, habe ihn mit ihrer angeblich noblen Abstammung und dem ebenso angeblichen Vermögen getäuscht.

Folgt man seiner Darstellung, hat der 53-Jährige sich immer brav erkundigt, ob man sich die Urlaube auf Mauritius und Martinique leisten könne und seine monatliche Apanage von 5000 Euro gedeckt sei. Und da habe sie ihm die gefälschten Dokumente gezeigt.

Überraschend simpler Trick

Setz-Hummel beginnt den ersten Verhandlungstag daher mit Brigitte V. - die ist nämlich geständig. Und erzählt die Geschichte anders. Die Unterschlagungen seien die Idee des Ex-Mannes gewesen, sie habe geholfen. Der Trick war überraschend simpel: Wenn auf dem Steuerkonto eines Klienten, von dem sie Vollmachten hatten, ein Guthaben war, leiteten sie dieses einfach auf ihre eigenen Bankverbindungen um. Kam es zu Beschwerden, begann ein Loch-auf-Loch-zu-Spiel. "Kaum war's da, war's auch schon wieder weg."

Was sie selbst ebenso wie die Vorsitzende ein wenig überrascht. Schließlich ging es um Beträge bis zu 500.000 Euro. "Ich weiß nicht, wie es sein kann, dass es die Klienten nicht wussten", beteuert P. heute. Aber mit den Kunden habe immer ihr Mann zu tun gehabt.

Auch die Ideen des illustren Stammbaumes und der Androsch-Aktien zwecks Bonitätsvorspiegelung seien gemeinsam entstanden. "Na ja, für die Fälschung haben Sie aber schon einen Aufwand betrieben", meint die Vorsitzende. "Das geht mit Photoshop, das ist in einer halben Stunde erledigt."

Warum die 53-Jährige zunächst die Schuld auf sich genommen hatte und den Ex erst später belastete? "Ich war so verliebt in ihn."

Am Donnerstag wird fortgesetzt. (moe, DER STANDARD, 17.10.2012)