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Die Flüsse des Öls. Grafik: EIA

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Die Straße von Hormuz. Grafik: CSIS

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Der Flugzeugträger USS Abraham Lincoln.

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Öltanker in der Straße von Hormus. Durch die Straße von Hormus gehen 20 Prozent des weltweit verbrauchten und 35 Prozent des auf See gehandelten Rohöls.

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Die Iraner haben es mit spektakulären Großmanövern versucht und mit unverhohlenen Drohungen. Den Vollzug der Sanktionen gegen die Islamische Republik hat das nicht beeinflusst. Im Gegenteil: Die Sanktionen tun Teheran nicht nur weh, sie werden auch zunehmend enger geschnürt. Nachdem die USA nahezu ein Totalembargo erlassen haben, sind im Juli Ölsanktionen der EU in Kraft getreten. Und am Montag beschlossen die Außenminister der Union weitere Maßnahmen im Bank- und Handelsbereich.

Die Zahlen sprechen für sich: Die Internationale Energie Agentur hat vor wenigen Tagen berechnet, dass die iranische Ölförderung im Vergleich zu 2011 inzwischen um 220.000 Barrel auf 2,63 Millionen Barrel pro Tag gesunken ist. Der Ölexport fiel von 2,2 Millionen auf nur noch 860.000 Barrel. Das ist eine für die Mullahs dramatische Entwicklung, denn zuletzt speiste sich das iranische Budget zu zwei Dritteln aus dem Ölgeschäft des Landes.

Ökonomisches Schockszenario

Der einzige einigermaßen effektive strategische Hebel der Iraner dagegen ist ein ökonomisches Schockszenario: Mehr als einmal dachten Teherans Admiräle seit Ende vergangenen Jahres laut darüber nach, die Straße von Hormus für den Schiffsverkehr zu sperren. Zuletzt zirkulierten angebliche Pläne der iranischen Revolutionsgarden für eine mutwillig herbeigeführte Öltanker-Katastrophe.

Eine Sperre würde die Hauptschlagader der globalisierten Wirtschaft treffen: Durch die Straße von Hormus gehen 20 Prozent des weltweit verbrauchten und 35 Prozent des auf See gehandelten Rohöls. Dazu kommen noch 20 Prozent des globalen Flüssiggaskonsums. Mindestens 14 Supertanker transportieren täglich 17 Millionen Barrel Öl von den Erzeugerländern Saudi-Arabien, Kuwait, Irak oder Katar ins Arabische Meer. Wäre die Meerenge zwischen Iran, Oman und den Emiraten für eine längere Frist unpassierbar, würden insbesondere den asiatischen Wirtschaften schnell ihre Energiereserven ausgehen. Und der Ölpreis, glauben Analysten, würde schnell über die 200-Dollar-Marke springen. Eine Möglichkeit der Umgehung gibt es nicht. Die zusätzlichen Pipeline-Kapazitäten quer durch Saudiarabien zum Roten Meer oder von den Emiraten in den Oman liegen bei bloß 4,8 Millionen Öl Barrel pro Tag.

Militärisch wäre eine Sperre für die Iraner binnen Stunden machbar. An ihrer engsten Stelle ist die Straße 21 nautische Meilen (38 Kilometer) breit. Die Fahrtrinnen für den Tankerverkehr sind jeweils zwei Meilen breit und für Einfahrt und Ausfahrt geteilt. Sie führen sowohl durch Hoheitsgewässer des Oman als auch durch jene des Iran. Zwischen den Fahrtrinnen liegen die beiden Tunb-Inseln (siehe Karte), die von den Emiraten beansprucht werden aber von den Iranern besetzt sind. Dort wurden Militärbasen errichtet, die mit Anti-Schiff-Raketen bestückt sind (HY-Silkworm).

US-Generalstabschef Martin Dempsey und Verteidigungsminister Leon Panetta haben mehrfach erklärt, dass eine solche Sperre das Überschreiten einer „roten Linie" wäre. Panetta zuletzt im Sommer: „Die Iraner müssen verstehen, dass die USA und die internationale Gemeinschaft sie direkt zur Verantwortung ziehen werden, sollten sie den Schiffsverkehr in der Region unterbrechen." Die USA hätten in Fähigkeiten investiert, den Versuch einer solchen Sperre sofort niederkämpfen zu können.

Zur Bestätigung ließen die USA und ihre Verbündeten Mitte September das größte Seemanöver fahren, das die Region je gesehen hat (International Mine Countermeasures Exercise IMCMEX 12). Dabei wurde ein Szenario geübt, das genau den iranischen Drohungen entsprach.

USA vor Ort

Generell wollen die Amerikaner eine internationale Flottille in der Region bereithalten, die aus drei Trägergruppen mit Flaggschiffen der Nimitz-Klasse in und außerhalb des Golfes bestehen sowie unter anderem aus britischen und französischen Kriegsschiffen bestehen. Die Basis der für die Region zuständigen 5. US-Flotte (http://www.cusnc.navy.mil/index.htm ) liegt in Manama, Bahrein.

Die Feuerkraft dieser Streitmacht ist enorm. Aber auch US-Experten warnen vor den Fähigkeiten der Iraner, insbesondere was sogenannte asymmetrische Kriegsführung angeht. Die Mark Lowe schätzt in der Maritime Security Review Minen, Anti-Schiff-Raketen (stationäre und Lkw-gestützte), Torpedos und kleine, wendige Schnellboote. Besonders gefürchtet sind die schwer zu entdeckenden chinesischen EM-52 und die russischen MDM6-Minen. Teheran soll mehr als 3000 Stück davon haben. Dazu kommen hunderte Raketen der Typen Seersucker und Noor.

Auch wenn die Amerikaner wohl relativ schnell die Oberhand gewinnen und etwa die Tunb-Inseln besetzen würden, müssten beide Seiten mit substanziellen Verlusten rechnen - militärisch, politisch und vor allem ökonomisch. Dass die sich das brandgefährliche Strategiespiel an der Straße von Hormus nicht doch entzünden könnte, will dennoch niemand ausschließen. Gelegenheiten dafür gibt es viele: Dieser Tage ist wieder ein Großmanöver der iranischen Marine angesagt. (Christoph Prantner, derStandard.at, 16.10.2012)