Wenn es nach dem deutschen Finanzminister Schäuble geht, wird das Haus Europa umgebaut.

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Berlin - Zur dauerhaften Lösung der Euro-Schuldenkrise unternimmt Deutschland einen neuen Anlauf für rasche Vertragsänderungen in der EU - ein entsprechender Konvent soll schon im Dezember stattfinden. "Wir müssen diese Chance jetzt nutzen", sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble auf dem Rückflug aus Asien.

Bereits beim EU-Gipfel in dieser Woche soll der Vorstoß den europäischen Partnern unterbreitet werden. "Wenn das einigermaßen läuft, könnten wir im Dezember so weit sein, dass wir dann den Konvent einberufen", sagte Schäuble.

Der deutsche Finanzminister will zudem erreichen, dass der EU-Währungskommissar genauso viel Einfluss bekommt wie der EU-Wettbewerbskommissar. Er soll gegebenenfalls allein den Haushalt eines Staates an das nationale Parlament zurückverweisen können.

EU-Währungskommissar Olli Rehn wurde zwar vor einigen Monaten zum Vizepräsidenten der EU-Kommission aufgewertet. Alleinige Entscheidungsrechte hat er im Gegensatz zum Wettbewerbskommissar aber nicht. Zu der Frage, ob der Währungskommissar stärkere Waffen, etwa Sanktionsmittel, erhalten soll, äußerte sich Schäuble nicht.

Ähnlicher Vorschlag aus Österreich

Aus Österreich hatte es zuvor einen ähnlichen Vorschlag gegeben. So trat Außen-Staatssekretär Reinhold Lopatka (ÖVP) bei seinem Amtsantritt im September für ein Veto-Recht des Währungskommissars über Budgets von Mitgliedsstaaten ein.

Ziel Schäubles ist ferner eine Art Parlament der Eurozone innerhalb des EU-Parlaments. So sollten im Europäischen Parlament bei Entscheidungen, die nur bestimmte Gruppen wie die Währungsunion oder die Schengen-Staaten betreffen, auch nur die Abgeordneten aus den jeweils betroffenen Mitgliedstaaten abstimmen. Generell spricht sich Schäuble für eine noch stärkere Beteiligung des Europäischen Parlaments an fiskalpolitischen Entscheidungen in der Union aus. Schäuble denkt dabei auch an eine weitere Lockerung des Einstimmigkeitsgebots bei wichtigen EU-Entscheidungen im Hinblick auf eine Fiskalunion.

Mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel hat Schäuble über seine Vorschläge nach eigenen Angaben schon gesprochen. "Die Kanzlerin ist noch etwas vorsichtiger als ich", räumte er ein. Ausgangsthese Schäubles ist, dass der Fiskalpakt und die beschlossenen weiteren Maßnahmen für eine engere fiskalpolitische Zusammenarbeit in Europa nicht ausreichen, um verloren gegangenes Vertrauen in der Welt und an den Märkten zurückzugewinnen.

Seine Vorschläge sieht er daher als weitere Stärkung der Zukunftsfähigkeit der Eurozone und seiner Währung. Mit der Lösung des Griechenland-Problems, an der derzeit gearbeitet wird, sollte man das verbinden, und das Momentum nutzen, um zu einer gemeinsamen Fiskalpolitik zu kommen. "Natürlich gibt es da einen Zusammenhang", sagte er. Schließlich dürfe es in Sachen Griechenland nicht wieder nur um eine Kurzzeit-Lösung gehen. "Wir brauchen eine dauerhafte Lösung", forderte Schäuble. Auf Kritik sowie Klagen vor dem deutschen Verfassungsgericht ist Schäuble eingestellt. Das sei kaum zu vermeiden, sagte er.

Schäubles Vorstellungen sind auch eine Reaktion auf die Vorschläge der vier europäischen Präsidenten, also der Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB), des Europäischen Rates sowie der Euro-Gruppe, zur Weiterentwicklung der Union. Diese sollen beim bevorstehenden Gipfel vorgelegt werden. Nach Schäubles Ansicht gehen diese Konzepte nicht weit genug. "Meine Überlegungen gehen dahin: Europa ist kompliziert." Das müsse man ändern, damit das Vertrauen zurückgewonnen werden kann, sagt er. (APA/Reuters, 16.10.2012)