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Felix Baumgartner Sonntagabend kurz nach dem Sprung aus der Kapsel.

Foto: AP/Red Bull Stratos

Das Wochenende hat Österreich wieder einmal deutlich und egal, was Feministinnen meckern, als Heimat großer Söhne bestätigt - von Werner Faymann vielleicht ein wenig abgesehen. Wer einen Absprung vom Fünf-Meter-Trampolin, mit fünf Minuten Vorbereitung, in Badehose und ohne von einem Kracherl-Vermarkter gesponsert zu sein, schon für einen sportlichen Quantensprung hält, darf nicht länger auf Unsterblichkeit hoffen. Er muss einem "Teufelskerl" den Vortritt lassen, und das bitte neidlos, auch wenn seine Leistung, wie "Heute" erkannte, "ein kleiner Schritt für Felix Baumgartner, ein großer für Red Bull" war. Er steht schon jetzt als "Mann des Jahrhundert"s fest, mag sich dieses auch noch 88 Jahre hinziehen, "und so wurde er unsterblich".

Wer "durch die Schallmauer in die Geschichtsbücher" gelangt, wie die "Kronen Zeitung" ahnt, kann sich über Vereinnahmung nicht beklagen. "Zur Zeit" wusste schon vor dem Sprung: "Baumgartner überwindet Gesetze der Physik". Aber dort ist Sympathie für Männer, die Gesetze überwinden, traditionell Blattlinie. "Jetzt ist unser Felix unsterblich", tat er doch einen "Sprung für die Ewigkeit", jubelte auch "Österreich", und Wolfgang Fellner wurde über Nacht vom Saulus zum Paulus. "Vor 5 Tagen habe ich in dieser Kolumne meine Zweifel am Sinn des Medien- und Marketing-Hypes rund um den Weltall-Springer Felix Baumgartner geäußert." Dass er so viel gesunden Menschenverstand über das Gelingen des Experiments hinaus nicht durchhalten würde, war abzusehen. Als "eines der faszinierendsten Abenteuer der Menschheit begann", war früher "Zweifel" dahin und Fellner reuig aufseiten der Sieger, wie es das Geschäft des Boulevards verlangt: "Deshalb bin ich an dieser Stelle der Erste, der nicht nur eine Entschuldigung, sondern ein von Herzen kommendes Kompliment an Felix Baumgartner und seinen Sponsor Dietrich Mateschitz sendet."

Faszinierendes Abenteuer Schleimen, und nicht zu knapp. "Den Hut muss man auch vor Dietrich Mateschitz ziehen. Es ist das Wesen der wahren Marketing-Genies, dass sie sich Dinge trauen, die Normalbürger nicht zu träumen wagen", vor allem, wenn sie andere zu Dingen vermarkten, die gesetzteren "Normalbürgern" nicht einmal im Traum einfallen würden.

Dass Michael Jeannée aus Anlass der Himmelfahrt am religiösen Wahn nur knapp vorbeischrammen würde, war zu erwarten. Aber so knapp? "Am vergangenen Dienstag war es nur der Atem, der Hauch Gottes, der in der Wüste New Mexicos fünf Jahre Vorbereitung und Ihren Lebenstraum auf einen Ballon reduzierte, der jämmerlich in sich zusammenfiel". ER hat sich dann aber doch noch zusammengerissen, "und gestern, Felix, war es der liebe Gott höchstpersönlich, der es sich anders überlegt hatte". Und seine Überlegungen deckten sich - wie anders? - mit denen des "Krone" -Postlers: "Der liebe Gott ... der menschlichen Wagemut belohnte und sogar über die 50 Red-Bull-Millionen, die, so sie statt für das Unternehmen Stratos gegen den Hunger in der Welt investiert worden wären, eh nur ein Tropfen auf den heißen Stein bedeutet hätten, großzügig hinwegsah."

Göttliche Gnade für Red Bull? "Warum tat er das? Ich glaube, ich weiß es. Weil da etwas an Ihnen ist, das gottgefällig. Weil Sie mehr denn ein vermessener Abenteurer und verrückter Jumper sind." Das weiß Jeannée, "weil ich auf meinem Fernsehschirm daheim in Döbling in die Augen Ihrer Mutter sah, als es 'soweit' war und in diesen Augen das Folgende las: Weil nämlich der Herrgott ihn so geschaffen hat, durch mich, seine Mutter, die ihm das Leben schenkte." Hoffentlich versteht Kolumnistenkollege Schönborn den Wink und leiert demnächst in Rom die Seligsprechung des "gottgefälligen Jumpers" an. Der Kolumnistenkollegin Swoboda nahm Jeannée mit seiner Laienpredigt den Wind aus den Gefühlssegeln. Sie hörte vor dem Fernseher lediglich "von irgendwo ein glücklich klirrendes Geräusch. Der Baumgartner-Mutter ist soeben das Herz zersprungen." Keine Angst, wo es glücklich klirrt, klirrt es "vor Freude".

An anderen großen Söhnen der "Krone" wären noch Frank Stronach als Autobiograf und Arnold Schwarzenegger als Sensation der Frankfurter Buchmesse abzuhandeln, aber dafür ist diesmal kein Platz. Nur so viel sei versprochen: "Der Terminator beruft schon für kommenden Jänner in Wien einen weltweiten Energie-Gipfel ein". Bei dieser Gelegenheit wird er, eine Kleinigkeit für ihn, "alle Schöpfungskräfte bündeln". Und wer freut sich schon jetzt darauf? "Krone"-Kolumnistin Monika Langthaler. (Günter Traxler, DER STANDARD, 16.10.2012)