Wien - Nein, die Symphonie heiße eben nicht "Mit dem Paukenschlag", auch nicht "surprise" (französisch ausgesprochen), sondern vielmehr "surprise" (auf Englisch). "Mehr hat Haydn nicht gesagt." Auch Nikolaus Harnoncourt hielt sich am Samstag im Musikverein bei seiner extemporierten Mini-Einführung zum wahrscheinlich berühmtesten Haydn-Satz auffällig zurück, wie um die nachfolgende Überraschung nicht zu beeinträchtigen.

Wie aber erzählt man einen Witz, dessen Pointe schon alle kennen? Wie überrascht man Hörer, die ohnehin auf den bekannten Effekt warten? In diesem Fall: indem man sie in die Irre führt und unverhofft auch zu Sehern macht. Denn bei der üblichen Stelle der G-Dur-Symphonie (Hob. I: 94) holte der Paukist mit einem übergroßen Schlägel mächtig aus, um - gar nicht zu spielen.

Konfetti und Subtilitäten

Stattdessen begleitete ein lauter Knall den Orchesterschlag und ergoss sich dann ein Riesenkonfetti-Regen über das Podium - ohne dass zu erkennen war, woher der eigentlich gekommen war. So plakativ dies auch wirkte, überraschend war es wirklich - genauso wie etliche subtile Wendungen in der Musiksprache Haydns, denen Harnoncourt mit seinem Concentus Musicus auch bei der C-Dur-Symphonie "Der Bär" (Hob. 1:82) und der g-Moll-Symphonie "Das Huhn" (Hob. 1:83) nachspürte.

Hier schärfte der Dirigent die Ohren des Publikums zunächst mit einzeln gespielten und launig erläuterten Passagen, psychologische Erläuterung über das Wesen des Zorns inklusive, wobei der Hühnerbesitzer Harnoncourt Parallelen zwischen Federvieh und Mensch herstellte.

Und genauso heiter und lustvoll musizierte man dann auch: voller Elan, Kantabilität, Schroffheit, Charme, Wendigkeit, Risikofreude, Derbheit, Eleganz - kurz: mit einer einmaligen Mischung aus Geist und Bodenständigkeit. (Daniel Ender, DER STANDARD, 16.10.2012)