Wien - Keine Feier, kein Medienevent - fast verschämt hat die Wiener Stadtregierung via Aussendung den Standort für das Wehrmachtsdeserteursdenkmal bekanntgegeben. Bleibt es beim Fahrplan von Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SP), soll das Denkmal schon im kommenden Jahr auf dem Wiener Ballhausplatz verwirklicht sein.

"Der Standort ist ein würdiger Ort, um im Zentrum der Stadt, in der Nähe von Bundeskanzleramt und Präsidentschaftskanzlei, an jene zu erinnern, die ihr Leben aufs Spiel setzten, um nicht in der NS-Wehrmacht dienen zu müssen, und jene, die von NS-Militärjuristen ermordet wurden", hält Mailath-Pokorny fest. Rund 20.000 Todesurteile gegen Fahnenflüchtige haben die NS-Militärrichter gefällt, 15.000 wurden vollstreckt. Wien ist das erste Bundesland, das ein derartiges Denkmal umsetzt. Die Errichtung eines Denkmals für Opfer der NS-Militärjustiz findet sich im rot-grünen Regierungsübereinkommen. Das Mahnmal werde so rasch wie möglich errichtet, wurde nun von Rot-Grün versichert.

200.000 Euro budgetiert

Die Abwicklung des Projekts erfolgt über die städtische Einrichtung "Kunst im öffentlichen Raum". Sie übernimmt von der Ausschreibung bis zur Umsetzung des Deserteursdenkmals alle weiteren Schritte. Das nötige Geld kommt aus der Kulturabteilung (MA 7): Bis zu 200.000 Euro seien budgetiert, sagte ein Sprecher des Kulturstadtrats.

Das Personenkomitee "Gerechtigkeit für die Opfer der NS-Militärjustiz" ist mit dem Standort zufrieden - es hatte sich seit längerem für den Ballhausplatz ausgesprochen. "Die Freude ist groß", sagt Obmann Thomas Geldmacher. Zu lange hätten die "Deserteure, Wehrkraftzersetzer und Kriegsdienstverweigerer ein Schattendasein im Erinnerungshaushalt der Zweiten Republik geführt". Die Stadt habe offenbar eingesehen, dass Rehabilitierung nur dann funktioniere, wenn sie öffentlich passiert. Man sehe die Entscheidung auch durchaus als politischen Paradigmenwechsel in Sachen Vergangenheitsbewältigung. Noch stehe das Denkmal aber nicht: "Heute freuen wir uns, und morgen geht es an die Umsetzung." 

Die Entscheidung gegen den geschichtsträchtigen Heldenplatz - Hitler verkündete hier am 15. März 1938 vor jubelnden Massen den "Anschluss" Österreichs ans Deutsche Reich - sei u. a. wegen anderer im Raum stehender Projekte am betreffenden Areal gefallen, hieß es weiter aus Mailath-Pokornys Büro. Angesichts der geplanten Tiefgarage und eines vorgesehenen Tiefenspeichers für die Nationalbibliothek habe die Burghauptmannschaft - von ihr wird der Heldenplatz verwaltet - gebeten, "davon Abstand zu nehmen, das Denkmal hier zu realisieren".

Komitee änderte Linie

Ähnlich hatte zuletzt auch das Personenkomitee "Gerechtigkeit für die Opfer der NS-Militärjustiz" argumentiert, das ursprünglich für den Heldenplatz als Standort plädiert hatte. Im September sprach man sich doch für den Ballhausplatz aus, da es auf dem Heldenplatz mittlerweile ein "Überangebot" an Projekten gebe. 

Die Wiener Freiheitlichen haben angekündigt, die Errichtung des Denkmals am Ballhausplatz nicht zu unterstützen. (APA, pm, 12.10.2012)