Bild nicht mehr verfügbar.

Nach Nierentransplantationen müssen betroffene Patienten ihr Leben lang Immunsuppressiva einnehmen.

Foto: dpa/Jan-Peter Kasper

Heidelberg - Nierentransplantationen sind in Europa langfristig erfolgreicher als in den USA: Während die Funktionsraten nach einem Jahr mit rund 90 Prozent übereinstimmen, funktionieren nach fünf Jahren in Europa noch 77 Prozent der Spendernieren, in den USA sind es bei weißen Amerikanern 71 Prozent. Nach zehn Jahren liegt die Erfolgsquote bei 56 versus 46 Prozent. Die niedrigeren Langzeitüberlebensraten im Vergleich zu Europa betreffen besonders spanischstämmige US-Amerikaner - bei denen nach 10 Jahren 48 Prozent der transplantierten Nieren noch funktionieren - und Afro-Amerikaner (33 Prozent).

Heidelberger Wissenschaftler haben erstmals diese Diskrepanz durch einen systematischen Vergleich von Daten aus der weltweit größten Studie zu Transplantations-Ergebnissen - der "Collaborative Transplant Study" (CTS) in Heidelberg - mit Transplantationsdaten aus den USA aufgezeigt. Die Ergebnisse wurden nun im Fachjournal "Transplantation" veröffentlicht.

Kosten für Medikamente

Die Studienergebnisse zeigen besonders große Unterschiede bei dem Funktionsverlust des Nierentransplantats bei Kindern und jungen Erwachsenen. Ein Grund für die schlechteren Ergebnisse in den USA könnte sein, dass Medikamente gegen die Transplantat-Abstoßung in der Regel nur für drei Jahre von der staatlichen Krankenversicherung Medicare erstattet werden, während in Europa die lebenslange Kostenübernahme durch die Krankenkassen gesichert ist. In den USA müssen die betroffenen Patienten nach drei Jahren häufig selbst dafür aufkommen. Pro Person fallen so jährliche Kosten von durchschnittlich 20.000 Dollar an.

Nierentransplantationen sind heute in den meisten Fällen erfolgreich: Daran haben Medikamente gegen die Abstoßung des Organs, sogenannte Immunsuppressiva, einen großen Anteil. Diese müssen allerdings von den transplantierten Patienten zeitlebens eingenommen werden.

Datenlage und Schlussfolgerungen

"Für den Vergleich der Langzeitüberlebensraten in den USA und Europa konnten wir Daten der US-amerikanischen Organisationszentrale für Organaustausch UNOS nutzen", erklärt Adam Gondos, der als Epidemiologe am Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) arbeitet. In den USA werden sämtliche Daten von Transplantationen systematisch gesammelt und sind öffentlich verfügbar. - Im Gegensatz zu Deutschland und den meisten europäischen Länder, wo in der Regel kein vergleichbares nationales Register vorhanden ist. Die Teilnahme an der CTS-Studie ist freiwillig.

"Da aber ein hoher Prozentsatz der europäischen Zentren teilnehmen, sind die Daten für Europa repräsentativ", so Gerhard Opelz, Leiter der Abteilung Transplantationsimmunologie am Universitätsklinikum Heidelberg. Insgesamt wurden rund 23.500 Nierentransplantationen in Europa für die aktuelle Auswertung herangezogen, in den USA waren es rund 32.000.

"Die Ursachen für die Diskrepanz zwischen USA und Europa sind durch die hier durchgeführten statistischen Analysen nicht endgültig ermittelbar", sagt Gondos. Doch weise die Tatsache, dass die Ergebnisse im ersten Jahr gleich gut sind, danach aber in der USA sukzessive schlechter würden darauf hin, dass die die Betreuung nach einer Transplantation im Allgemeinen und die Versorgungssituation mit Immunsuppressiva im Besonderen hier eine gewisse Rolle spielen könnte. (red, derStandard.at, 12.10.2012)