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Computer-Unterricht für Erstklässler: Estland ist Champion im e-Government

REUTERS/Ints Kalnins

Noch ein Mitbringsel aus Tallinn: Die Esten lieben ihren E-Lifestyle. Vor 20 Jahren hatten sie die Chance, ihren Staat von Grund auf neu aufzubauen. Seither sind sie Champions im E-Government - mit E-Taxing, E-Voting, E-Business, E-Learning, ja sogar E-Policing. Und neuerdings haben sie auch mit einem Phänomen zu tun, das anderswo noch nicht einmal ansatzweise bekannt ist: E-Einwanderung.

Damit ist nicht - wie oft - der Übertritt von analog Sozialisierten zu den digital natives gemeint. Nein, es geht tatsächlich um digitale Immigration in das elektronische Gemeinwesen der Esten. So geschehen vor einigen Monaten, als insgesamt 14 Geschäftsleute virtuell (und illegal) in den baltischen Staat einwanderten und über das estnische E-Government-System zunächst problemlos auch einen Aufenthaltstitel bekamen. Dabei waren sie weder vorher noch nachher je physisch in Estland präsent.

"In Estland gibt es nur ganz wenige Dinge, für die man persönlich auf irgendeinem Amt vorsprechen muss", heißt es in der Estonian Information System's Authority. Motiv der digitalen Immigranten sei aber gar nicht ein Eintritt in den Schengen-Raum gewesen. Vielmehr hätten die Business-Leute Zugang zu estnischen Banken und e-services gesucht, mit denen man Firmen in 15 Minuten gründen und Steuererklärungen ebenso schnell erledigen kann.

Was genau die Herrschaften damit vorhatten und welcher Nationalität sie angehörten, darüber halten sich die Behörde bedeckt. Fest steht nur: Die von ihnen gegründeten Unternehmen zeigten keine ökonomischen Aktivitäten, es wurden nur Gelder auf Bankkonten verschoben.

Den 14 E-Einwanderen wurde unter anderem deswegen ihr Status entzogen. Sie wurden digital abgeschoben. (Christoph Prantner, derStandard.at, 12.10.2012)