Links kreidezeitliche Fossilien, rechts heutige Entsprechungen: Vor 114 Millionen Jahren sah es in der Tiefsee vor Floridas Küste offenbar recht ähnlich aus wie heute.

Foto: Thuy B, Gale AS, Kroh A, Kucera M, Numberger-Thuy LD, et al./PLoS One

Göttingen/San Francisco - Einige Tierarten der Tiefsee haben offensichtlich mehrere Massenaussterbeereignisse überstanden und existieren schon länger als gedacht. Das schließt ein internationales Forscherteam, darunter Andreas Kroh vom Naturhistorischen Museum Wien, aus etwa 114 Millionen Jahre alten Fossilienfunden vor Florida. Dabei handele es sich um auch heute noch existierende Stachelhäuter-Formen wie Seeigel, Seesterne, Seegurken oder Schlangensterne, erklärte Forschungsleiter Ben Thuy von der Universität Göttingen.

Gegenwart reicht weiter zurück

Bisher seien Experten der Ansicht gewesen, dass die heutigen Tiefsee-Ökosysteme aus mehreren Umwälzungen im Zuge von Massenaussterben und globalen Veränderungen der Ozeane entstanden und relativ jung  sind, sagte Thuy. Da Überreste von Organismen aus der Tiefsee jedoch nur sehr selten als Fossilien gefunden würden, sei eine direkte Überprüfung dieser Annahme bisher nicht möglich gewesen.

Die neuen Funde lassen den Schluss zu, dass es die heutigen Ökosysteme in der Tiefsee schon viel länger gibt als angenommen, so der Geowissenschafter. Vermutlich sei die Tiefsee weniger anfällig für Massenaussterben und Veränderungen globalen Ausmaßes als flachere Meeresgebiete. Die Studie ist in der Fachzeitschrift "PLoS One" erschienen.

Rückzugsgebiete

Die jetzt entdeckten Fossilien - allesamt von Stachelhäutern - ließen den Schluss zu, dass ein wesentlicher Teil der heutigen Tiefsee-Organismen älter ist als bisher gedacht. "Selbst bei den letzten großen Umwälzungen der Ozeane in der Kreidezeit und im späten Paläozän muss es Rückzugsgebiete innerhalb der Tiefsee gegeben haben, wo die Organismen sich halten konnten", sagte Thuy. Die Kreidezeit endete vor rund 65 Millionen, als unter anderem die Dinosaurier ausstarben, das Paläozän vor etwa 55 Millionen Jahren.

Thuy warnte aber, dass auch die Tiefsee angreifbar sei. "Die Funktion der Tiefsee als weitgehend ungestörtes wichtiges Rückzugsgebiet für Meeres-Organismen könnte künftig durch den geplanten Abbau von Bodenschätzen auch in großen Tiefen empfindlich gestört werden", sagte er. (APA/red, derStandard.at, 14. 10. 2012)