Die ältesten Trilobiten-Fossilien stammen aus dem frühen Kambrium - hier ein etwa 500 Millionen Jahre altes Exemplar.

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Köln - Auch wenn der Begriff "kambrische Explosion" heute relativiert wird und das Ereignis nicht mehr als völlig einzigartig in der Geschichte des Lebens gilt, bleibt doch eines: Im frühen Kambrium, vor etwa 543 bis 530 Millionen Jahren kam es zu einer starken Erhöhung der Artenvielfalt in kurzer Zeit. Als einen Faktor, der möglicherweise dazu beigetragen hat, haben deutsche Forscher nun die Entstehung eines bestimmten Gens ausgemacht, wie die Universität Köln berichtet.

Kölner Genetiker widmeten sich dem Ursprung der bilateralsymmetrischen Tiere (Bilateria), also vielzelligen Tieren, deren Körper spiegelbildlich organisiert ist. Zu ihnen gehört die überwiegende Mehrzahl der heute lebenden Tiere - von Wirbeltieren über Gliederfüßer bis zu Weichtieren. In einer neuen Arbeit bringt der Kölner Genetiker Peter Heger das plötzliche Auftauchen dieser Tierstämme mit der Entstehung des sogenannten CTCF-Gens in Verbindung. Dieses ist unter anderem in der Lage, die Wirkung der sogenannten Hox-Gene zu beeinflussen, welche eine wichtige Rolle bei der Ausbildung des Körperbauplans spielen. 

Der mögliche Ursprung

Die Ergebnisse der Forschergruppe um Heger deuten darauf hin, dass die Hox-CTCF-Interaktion ebenso wie das CTCF-Gen selbst im gemeinsamen Vorläufer der Bilateria entstanden sind. Dies könnte eine Erklärung für die plötzliche und einzigartige Entstehung neuer Körperbaupläne im Kambrium liefern. CTFC ist bisher nur in Säugetieren und in der Fruchtfliege Drosophila gut untersucht. Die Kölner Forscher stellten fest, dass das CTCF-Gen offenbar in allen bilateralsymmetrischen Tieren vorkommt, nicht aber in einfacher gebauten Tieren oder anderen Organismen. Das deutet darauf hin, dass die von Wirbeltieren bekannte genomweite Funktion von CTCF auch für andere Bilateria zutreffen könnte.

Sowohl bei Wirbeltieren als auch Fruchtfliegen zeigte sich, dass die Sequenzen, an die CTCF bindet, evolutionär stabil sind und sich in beiden Tiergruppen über einige hundert Millionen Jahre kaum veränderten. Weil darüberhinaus bekannt ist, dass CTCF und seine Bindestellen für die Funktion der Hox-Gene in beiden Organismen wichtig sind, könnte die Verbindung zwischen CTCF und Hox-Gen-Regulation bereits im Vorläufer der bilateralsymmetrischen Tiere entstanden sein. "Wenn man die verschiedenen Hinweise kombiniert", so die Kölner Wissenschafter, "ergibt sich die Möglichkeit, dass durch CTCF und seine Wechselwirkung mit den Hox-Genen eine Art 'Infrastruktur' geschaffen wurde, die es den Ahnen bilateralsymmetrischer Tiere ermöglicht hat, eine unerreichte Vielfalt von Körperbauplänen hervorzubringen." (red, derStandard.at, 13. 10. 2012)