Es ist nicht zu übersehen: Sebastian Kurz ist genau dort gelandet, wo er niemals hinwollte: in der "Kultur fundamentalen Misstrauens", die laut dem Migrationsexperten Kenan Güngör Österreichs Integrationspolitik durchweht. Jedenfalls verträgt sich Kurz' jüngster Ausritt gegen Bildungsministerin Claudia Schmied, die er in Sachen Integration als "säumig" bezeichnete, nicht gut mit seiner selbst definierten Rolle als "Brückenbauer".

Die rote Ministerin reagierte vorhersehbar: Sie verwahrte sich reflexartig gegen "Ghettoklassen" für Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache und warf dem schwarzen Shootingstar ihrerseits vor, er betreibe "Management by Medien". Und flugs ist Integrationspolitik damit im Zentrum des tagesaktuellen koalitionären Schlagabtausches angekommen. Das wird am Ende weder Rot noch Schwarz nützen - und am allerwenigsten der Integrationspolitik.

Es wäre Pflicht der Regierenden, alles zu versuchen, damit niemand im Lande seiner Chancen beraubt wird. Das bedeutet, dass alle über ihre ideologischen Schatten springen müssen. Warum nicht, wie in Deutschland, ausprobieren, ob etwa bei zugewanderten Teenagern eigene Klassen hilfreich sind, bis die Kids Deutsch können? Warum nicht kleinere Kinder in regulären Klassen belassen und dafür Lehrer mit mehr Ressourcen, Know-how und Sensibilität ausstatten? Wege gäbe es genug, aber es bedarf auch des Willens, diese zu gehen - über die nächste Wahl hinaus. (Petra Stuiber, DER STANDARD, 10.10.2012)