Wien - Der Verband Filmregie Österreich geht auf Konfrontationskurs mit der Viennale. In einer am Montag veröffentlichten Aussendung wird die Entscheidung des größten heimischen Filmfestivals kritisiert, Ulrich Seidl nicht den von ihm gewünschten Programmplatz für die ersten beiden Teile seiner "Paradies"-Trilogie zu gewähren. Wörtlich heißt es in der Stellungnahme, "die Vorgehensweise steht in eklatantem Widerspruch zu den von internationalen Filmfestivals gepflegten Usancen. Sie ist allerdings und bedauerlicherweise nur die jüngste von zahlreichen Manifestationen des zutiefst befremdlichen Verhältnisses der Viennale zum österreichischen Film."

Stimmig ist dieses Statement allerdings nur zur Hälfte: Denn es gilt in keinem Land als ausgemacht, nationalem Filmschaffen den attraktivsten Platz zu überlassen. Der indirekt angesprochene Viennale-Direktor Hans Hurch hatte sein Vorgehen bereits vergangene Woche mit der Autonomie in der Programmgestaltung gerechtfertigt - zur aktuellen Aussendung will er sich "zum jetzigen Zeitpunkt nicht äußern: Meine Antwort ist das Programm der Viennale", sagte er dem STANDARD.

Dass Hurch einer der kritischeren, mitunter polemischen Beobachter des heimischen Filmschaffens ist, bewies er in der Vergangenheit tatsächlich mehrfach: 2001 hatte er im Interview mit dieser Zeitung zum Beispiel streitlustig erklärt, ein ästhetisches Problem mit den Arbeiten von Michael Haneke zu haben - seitdem war auch kein Film des Regisseurs mehr auf der Viennale gelaufen.

Dennoch mag man in der jüngsten Auseinandersetzung keiner Seite so recht den Vorzug geben. Hurch hatte dem zuletzt in Venedig erfolgreichen Seidl mit dem 18-Uhr-Slot keinen wirklich schlechten, aber auch keinen galatauglichen Programmplatz überlassen. In Zeiten, in denen das österreichische Autorenkino gegen mangelnde Akzeptanz des Publikums kämpft und die Aufstockung des Filmbudgets ausbleibt, könnten sowohl die Viennale als auch Ulrich Seidl mehr Kompromissbereitschaft signalisieren. Nicht zuletzt das (internationale) Publikum hätte es ihnen gedankt.

So aber stellt man Eitelkeiten zur Schau, anstatt die Auseinandersetzung mit dem Kino zu fördern. Ein öffentliches Bild, das wohl wenige als gedeihlich für das filmkulturelle Klima erachten. (Dominik Kamalzadeh, DER STANDARD, 9.10.2012)