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Die große Patentschlacht zwischen Apple und Samsung dürfte erst vor dem US Supreme Court beendet werden.

Foto: APA/Reuters

Das letzte Wort im Patentprozess zwischen Apple und Samsung dürfte noch länger nicht gesprochen sein. Samsung hat eine Beschwerde gegen den Vorsitzenden der Laien-Jury lanciert. Dieser soll seine Haltung zu Patentfragen verschwiegen haben. Dazu könnte in einem persönlichen Interessenskonflikt gestanden sein.

Interviews werfen schiefes Licht auf Vorsitzführung

In die Bredouille gebracht haben Hogan dabei nicht nur journalistische Recherchen, sondern auch er selbst. In mehreren Interviews ließ er ein eigenartiges Verhältnis zu diesem Prozess durchscheinen und schilderte fragwürdige Vorgangsweisen bei der Urteilsfindung. Groklaw (Links: hier, hier, hier und hier) hat die Ereignisse ausführlich dokumentiert.

Verschwiegene Privatinsolvenz nach Seagate-Klage

So heuerte Hogan in den 1980ern beim Festplattenhersteller Seagate an. Dafür übersiedelte er von Colorado nach Kalifornien, Seagate erklärte sich dazu bereit, die Hälfte seiner Hypotheken abzuzahlen. 1993 wurde Hogan entlassen, Seagate machte anschließend noch bestehende Ansprüche aus diesen Zahlungen geltend und forderte 25.000 Dollar zurück.

Der Fall ging vor Gericht, Hogan behielt sein Haus, schlitterte dafür jedoch in die Privatinsolvenz. 2011 übernahm Seagate schließlich die Festplattenabteilung von Samsung. Der koreanische Konzern wurde im Gegenzug zum größten Shareholder des Unternehmens. Hogan verlor bei seiner Berufung in die Jury kein Wort über diesen möglichen Konflikt und bezeichnete seine Beteiligung am Verfahren gar als "Höhepunkt in seinem Leben". Samsung fordert nun eine Neuaufrollung aufgrund möglicher Befangenheit.

"Was, wenn das meine Patente wären?"

Mittlerweile ist bekannt, dass Hogan eine gewichtige Rolle in der Entscheidungsfindung der Jury gespielt hat. Er dürfte als einziges Mitglied bereits Erfahrung mit einem solchen Prozess gesammelt haben, und zwar in einem Verfahren gegen einen ehemaligen Mitarbeiter nach dem Bankrott seiner Firma 2008. Dazu besitzt Hogan selbst ein Patent für ein Verfahren zum "Aufnehmen und Speichern von Videoinhalten" und dürfte emotionalen Kriterien großes Bedeutung beigewogen haben.

So sprach er mit Bloomberg über seinen Zugang zur Cause "Apple vs. Samsung". "Als ich in dieses Verfahren kam und mir die Patente angesehen habe, habe ich mich gefragt: 'Was, wenn das meine Patente wären und ich beschuldigt würde, könnte ich sie verteidigen?". In der Nacht nach den Schlussplädoyers war ihm nach eigenen Angaben "ein Licht aufgegangen" und er entschloss sich, sich für alle Patentbesitzer in die Bresche zu werfen.

Wenig Beachtung für "Prior Art"

Diesen Standpunkt vermittelte er nach eigenen Angaben auch an die eigenen Jurymitglieder, auch anhand seines eigenen Patentprozesses. Dies führte in dem bis dahin gespaltenem Komitee zu einem Meinungsumschwung, wie ein anderer Juror, Manuel Illagan, gegenüber CNet bestätigt. Zudem wurde Fragen nach der möglichen Ungültigkeit von Patenten aufgrund bereits vorher bestehender Erfindungen ("Prior Art") in Folge kaum noch Beachtung geschenkt.

Auch in dieser Hinsicht könnte Hogan die Jury falsch instruiert haben. Eine vom Gericht verfasste Anleitung zu der Thematik hält fest, dass ein Patent als ungültig angesehen wird, wenn sein Inhalt nicht neu ist. Dazu wurden mögliche Fälle aufgelistet, unter anderem, dass die jeweilige Erfindung vorher entweder bereits in Verwendung oder auch einfach nur öffentlich beschrieben war, bevor das Patent des Klägers angemeldet wurde.

Gerichtsinstruktionen wurden offenbar verworfen

Ein Umstand den Hogan jedoch gegenüber der Jury anders auslegte. So wurde ein Software-Patent von Apple für das "Bounceback"-Feature (zum Anzeigen des Endes eines scrollbaren Bereiches) für gültig erachtet, weil der betreffende Code im Vergleich zu einer von Samsung erwähnten vorhergehenden Erfindung nicht in den Prozessor verlagert werden konnte.

Daher befand Hogan die beiden Inventionen trotz gleicher Funktion für "nicht austauschbar" - ein Widerspruch zu den Instruktionen, die laut dem Vorsitzenden für die Entscheidungsfindung letztlich gar nicht herangezogen wurden.

Überraschend schnelles Urteil

Die ersten schriftlichen Entscheidungen der Jury wiesen zudem zahlreiche Lücken auf, die nachträglich gestopft werden mussten. Obwohl das Galaxy Tab 10.1 LTE nach Ansicht der Juroren zwar kein Apple-Patent verletzte, hatte man Apple dafür ursprünglich rund zwei Millionen Dollar an Schadensersatz zugesprochen. Generell zeigten sich einige Rechtsexperten überrascht darüber, dass die Jury schon nachl dreitägigen Beratungen zu einem Urteil gekommen war.

Entscheidung sollte "weh tun"

Weitere Aussagen von Hogan zum Ausmaß der Schadensersatzzahlung, diesmal gegenüber Reuters, sind ebenfalls ein Indiz für mögliche Parteilichkeit. "Wir wollten sicherstellen, dass die übermittelte Botschaft [Samsung] nicht nur auf die Finger klopft, sondern deutlich genug ausfällt, um weh zu tun, ohne dabei unangemessen zu sein."

Verfahren dürfte vor Supreme Court enden

Einige Juristen sind der Meinung, dass das Verfahren zwischen den beiden Branchengrößen sich noch über Jahre und mehrere Instanzen hinziehen und letztlich vor dem Supreme Court landen wird. Dessen Urteil könnte wiederum nicht nur für die beiden Unternehmen Folgen haben, sondern auch Änderungen an der Rechtssprechung und dem amerikanischen Patentgesetz an sich bewirken. (Georg Pichler, derStandard.at, 08.10.2012)