Wien - Nach seiner Tänzerkarriere in Brüssel bei Wim Vandekeybus' Company Ultima Vez und bei dem bekannten niederländischen Hans Hof Ensemble etabliert sich der aus Portugal stammende Choreograf Raul Maia (31) gerade in Wien. Sein gelungenes Soloprojekt Outhere wird derzeit im Projektraum des Wuk gezeigt.

Aufgefallen ist Maia bisher nicht nur als Teilnehmer an Arbeiten lokaler Choreografen, sondern auch mit seinem Ballet of Sam Hogue and Augustus Benjamin - zusammen mit Thomas Steyaert -, das ebenfalls im Wuk und danach im Tanzquartier und bei Impulstanz zu sehen war. Auffällig geworden ist er ab Mai dieses Jahres auch als Performer auf Wiens Straßen, Bahnsteigen und Wiesen: als junger Mann mit Bart und Kamera, der sich sehr seltsam aufführte.

Manipulierte Bilder

Das war die Zeit der Umsetzung von Outhere im öffentlichen Raum. Raul Maia filmte sich im Zuge dessen selbst bei tänzerischen Aktionen an unterschiedlichen Orten, die er per Würfelwurf auf einem Wiener Stadtplan auswählte. Das dabei entstandene Videomaterial und Texte, die der Tänzer auf einer alten Olympia-Progress-Schreibmaschine tippte, bilden die Grundlagen für die abschließende Wuk-Performance Outhere is facing here. Darin tanzt er live zu den im Stadtgebiet entstandenen Bildern. Das Besondere dabei: Maia kann diese Videos bei Bedarf per Computermaus direkt auf der Bühne manipulieren. Die dazugehörende Musik macht er mit einem Verstärkergerät, das einem Metalldetektor ähnelt, und mit einer E-Gitarre, die er aus einem Kühlschrank holt.

Auf faszinierende Art verdeutlicht diese Konfrontation von Dokumentarmaterial mit den Live-Ereignissen im Projektraum, wie gespenstisch das Medium Film ist. Denn alles, was darin sichtbar wird, ist unwiederbringlich passé. So wird der Tanz des Raul Maia mit den Aufnahmen seiner Interventionen in der Stadt auf einer bestimmten Ebene auch zu einem Kampf gegen das Vergessen, den "Tod" des Erlebten. Und auch dagegen, dass das Dokument zu einer Fälschung der Geschichte wird.

Maia macht vielmehr klar, wie sehr jede Wahrnehmung ihre Fiktionen in unsere Wirklichkeit einbringt. Deshalb ist er wohl auch Teil des Themenschwerpunkts "Fakes, Fakten und Fiktion", der noch bis Mitte Dezember das Wuk zu einem Ort der Verunsicherung macht. Demnächst mit der jungen Choreografin Fanni Futterknecht und später mit unter anderen Otmar Wagner, God's Entertainment und Toxic Dreams. (Helmut Ploebst, DER STANDARD, 5.10.2012)