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Die Euro-Hüter tagen diesmal nicht in Frankfurt, sondern in Ljubljana.

Foto: REUTERS/Tony Gentile

Ljubljana/Frankfurt - Das Rettungspaket der Europäischen Zentralbank (EZB) für die Euro-Krisenstaaten ist geschnürt - nun müssen Spanien und Co. nur noch zugreifen. "Die Entscheidung, das Anleihenprogramm zu starten, liegt allein in Händen der Regierungen", sagte EZB-Präsident Mario Draghi am Donnerstag nach der auswärtigen Ratssitzung im slowenischen Ljubljana. "Die EZB kann das Handeln von Regierungen nicht ersetzen."

EZB will unabhängig sein

Anfang September hatten die Währungshüter beschlossen, notfalls unbegrenzt Anleihen von Euro-Krisenstaaten zu kaufen, um so die Zinslast für angeschlagene Schwergewichte wie Spanien und Italien zu drücken. Die Staaten müssen jedoch zuvor einen Hilfsantrag beim Euro-Rettungsfonds EFSF/ESM stellen. Selbst dann gebe es keinen Automatismus für ein Eingreifen der Währungshüter an den Anleihenmärkten, betonte Draghi: "Die EZB handelt unabhängig."

Madrid zögert einen neuen Hilfsantrag in Brüssel hinaus - unter anderem aus Sorge über zu harte Daumenschrauben der Euro-Partner. "Bedingungen müssen keine Strafe sein", warb Draghi. "Die Reformen beinhalten Kosten und Nutzen - und wenn sie durchdacht sind, überwiegt der Nutzen." In spanischen Medien wird bereits spekuliert, Spanien könnte bereits am Wochenende die EU-Partner um Hilfe bitten.

Staatsanleihenkäufe machen Sinn

Der EZB-Präsident verteidigte das Kaufprogramm gegen Kritiker, die der EZB Staatsfinanzierung durch die Hintertür vorwerfen. Der Beschluss habe die starken Spannungen im Euroraum verringert. Seit der Verkündung des Programms Anfang September sanken die Risikoaufschläge für Anleihen angeschlagener Euroländer spürbar, ohne dass die Notenbank Bonds kaufte. Die Wirkung ließ zuletzt allerdings nach. "Alles in allem war der Effekt positiv", bilanzierte Draghi. Mit dem Kaufprogramm habe die Notenbank "ein absolut wirksames Sicherheitsnetz" gespannt, "um zerstörerische Szenarien, die eine große Gefahr für die Preisstabilität werden könnten, zu verhindern".

Draghi versicherte, die Notenbank handle "strikt innerhalb ihres Mandats". Die möglichen Anleihekäufe seien erforderlich, damit die EZB mit ihrer Geldpolitik den gesamten Euroraum gleichermaßen erreiche.

An die Adresse der deutschen Bundesbank, die Anleihenkäufe als verbotene Fiskalpolitik ablehnt, sagte Draghi: "Wenn Preisstabilität die Tradition der Bundesbank ist, steht die EZB völlig im Einklang mit der Bundesbank." Wegen der unterschiedlichen Positionen ist die Diskussion über eine frühere Veröffentlichung von Protokollen der EZB-Ratssitzungen in vollem Gange. "Das ist ein komplexer Prozess, wir denken darüber nach, wie wir vorankommen, es gibt Vor- und Nachteile", sagte Draghi.

Zinssenkung kein Thema

Der Leitzins im Euroraum bleibt auf dem Rekordtief von 0,75 Prozent. Zwar steckt die Wirtschaft im Euroraum weiter in der Rezession, was für eine Lockerung der Geldpolitik spricht. Andererseits ist Zentralbankgeld für Banken so günstig wie nie seit Einführung des Euro 1999. Deshalb ist die Wirkung einer Zinssenkung umstritten. Über einen Zinsschritt nach unten habe der EZB-Rat am Donnerstag nicht einmal diskutiert, sagte Draghi.

Beobachter schließen eine weitere Verbilligung von Zentralbankgeld in den kommenden Monaten nicht aus. Dagegen spricht jedoch, dass sich die Inflation auch wegen steigender Energiekosten unerwartet hartnäckig hält. Im September kletterte die jährliche Teuerungsrate nach einer ersten Schätzung der europäischen Statistikbehörde Eurostat nochmals leicht auf 2,7 Prozent. Sie liegt damit deutlich über der Warnschwelle der EZB, die stabile Preise bei Werten von knapp unter zwei Prozent gewahrt sieht. (APA, 4.10.2012)