Wien - Die Lehrerausbildung an der Universität Wien wird künftig in einer eigenen, fakultätsähnlichen Organisationseinheit gebündelt: Mit 2013 werden im Zentrum für LehrerInnenbildung bestehende Angebote wie die Lehramtsstudien in 26 Fächern, die Kompetenzzentren für Didaktik der Chemie, Physik und Biologie und zwölf fachdidaktische Zentren koordiniert und dort Organisation und Curricularentwicklung konzentriert. Geht es nach Rektor Heinz Engl, sollen an den Unis nach der geplanten Reform der Pädagogenausbildung alle Lehrer für die Sekundarstufe ausgebildet werden.

"Das muss politisch außer Frage gestellt sein", forderte Engl am Mittwoch bei einer Pressekonferenz. Außerdem sollen die Unis sich auch stärker in die Weiterbildung einbringen können. Als Leiter des neuen Zentrums soll "ein sehr prominenter Professor" bestellt werden, dessen Namen er allerdings noch nicht nennen wollte.

Kooperation mit Pädagogischer Hochschule

Derzeit sind die Universitäten nur für die Ausbildung der Lehrer an den AHS und den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS) zuständig. Mit der Umwandlung aller Hauptschulen in Neue Mittelschulen (NMS) "wäre es aber unser Anspruch, alle Lehrer der Sekundarstufe an den Unis auszubilden", betont Engl. Zu Kooperationen mit der derzeit für die Hauptschullehrer zuständigen Pädagogischen Hochschule (PH) Wien wäre er zwar bereit, "aber wir stellen den Anspruch auf Federführung zumindest in der Sekundarstufe."

Als Fernziel könnte der Rektor sich zwar vorstellen, auch Lehrer etwa für die Volksschulen auszubilden. Allerdings habe er den Eindruck, dass die Politik von dem Ziel, dass eine Institution für die Ausbildung vom Kindergartenpädagogen bis zum Erwachsenenbildner zuständig sein soll, "jetzt wieder etwas weggekommen" sei. Zugangsbeschränkungen für Lehramtsstudien sind seiner Meinung nach übrigens nicht notwendig, die Studieneingangsphase mit ihrem Fokus auf Pädagogik sei ausreichend.

Frage "politischer Macht"

Dass im Zuge der Reform der Lehrerausbildung auch PH, die derzeit nur für Lehrer für Volks-, Haupt- und Sonderschulen zuständig sind, die Ausbildung aller Pädagogen übernehmen könnten, ist für Engl nicht nachvollziehbar. Immerhin würden dadurch hohe Kosten entstehen und müsste viel an den Unis vorhandene Forschungskompetenz erst aufgebaut werden. Und Lehramtsinteressenten aus Bundesländern, in denen es keine Unis gibt, könnten wie bisher in anderen Bundesländern die Ausbildung absolvieren. "Ich hoffe, dass es bei einer so wichtigen Frage nicht nur um politische Macht geht."

Die Kosten für eine Ausbildung aller Sekundarstufen-Lehrer an den Unis wären hingegen gering, meinte dazu Quantenphysiker Anton Zeilinger, der an der Uni Wien auch für Lehramtsstudenten Einführungsvorlesungen und Fortbildungen für AHS-Physiklehrer abhält. Wäre das Unterrichtsministerium von der ÖVP geführt und das Wissenschaftsministerium von der SPÖ, sähe die Debatte wohl anders aus, so seine Vermutung.

Begeisterung für Forschung weitergeben

"Exzellente Lehre basiert auf exzellenter Forschung", hielt Engl ein Plädoyer für universitäre Ausbildung der Lehrer der Sekundarstufe. Lehrer sollten eine Zeit lang am Puls der internationalen Forschung gewesen sein, fordert auch Zeitgeschichte-Professor Oliver Rathkolb. Nur so seien diese in der Lage, ihren Schülern später Orientierungswissen und die Freude am Hinterfragen, Debattieren und Forschen zu vermitteln. Es sei außerdem wichtig, dass Lehramtsstudenten zu Beginn des Studiums dieselben Fachvorlesungen besuchen wie jene Studenten, die später in die Forschung gehen wollen, meinte Zeilinger. "Es geht darum, die Begeisterung für die aktive Forschung weiterzugeben. Motivation ist das Wichtigste."

Anja Lembens, Leiterin des österreichischen Kompetenzzentrums für Didaktik der Chemie, verwies auf Studien, wonach die an den Unis ausgebildeten AHS-Lehrer sowohl beim Fachwissen als auch der Fachdidaktik mehr Wissen hätten als Hauptschullehrer. Durch Berufserfahrung sei dieser Rückstand nicht aufzuholen, betonte sie. (APA, 3.10.2012)