Rachida Dati hat ein Problem. Die ehemalige französische Justizministerin unter Präsident Nicolas Sarkozy kann wohl künftig keinen Urlaub mehr in Marokko machen. Denn dort ermittelt ein Gericht gegen sie, wie mehrere marokkanische Websites unter Berufung auf yabiladi.com berichten. Das Verbrechen Datis: Die Frau, die ihre politische Karriere als Bürgermeisterin des siebenten Arrondissements in Paris begann, hat eine uneheliche Tochter.

Da Dati marokkanischer Abstammung ist, erhob der stellvertretende Strafankläger seiner Majestät Mohammed VI. in Taza, Adil Fathi, Anklage wegen "gesetzwidriger sexueller Beziehungen". Fathi soll einen Brief an Justizminister Mustapha Ramid gerichtet haben, in dem er einen Haftbefehl gegen Dati verlangt.

Sollte Ramid, der aus den Reihen der islamistischen Regierungspartei PJD stammt, dem stattgeben, droht Dati, die mittlerweile im Europaparlament sitzt, im Falle einer Einreise nach Marokko Untersuchungshaft bis zu einem Gerichtsverfahren.

Die Grundlage für die Ermittlungen gegen Dati ist Artikel 490 des marokkanischen Strafgesetzbuchs. Dieser sieht bei "unrechtmäßigem Geschlechtsverkehr zwischen Personen unterschiedlichen Geschlechts, die nicht durch die Ehe vereint sind", eine Freiheitsstrafe von einem Monat bis zu einem Jahr vor.

Dati hatte Marokko immer als "Vorbild für Reformwillen in der arabischen Welt" bezeichnet. Erst diese Woche wurde bekannt, wer der Vater der mittlerweile dreieinhalb Jahre alten Tochter Datis ist. Es handelt sich um den millionenschweren Besitzer einer Hotelkette, Dominique Desseigne.

Ankläger Adil Fathi ist kein Unbekannter in Marokko. Er schreibt immer wieder Meinungsartikel in der marokkanischen Presse und auf Websites. Neben mangelnder Demokratie, Korruption in der Justiz und Geldwäsche machte er auch die uneheliche Schwangerschaft von Rachida Dati zum Thema. Deshalb wurde er Anfang September sogar vor den Disziplinarausschuss der marokkanischen Justiz zitiert. (Reiner Wandler, derStandard.at, 3.10.2012)