Bild nicht mehr verfügbar.

Hört da jemand in der Redaktion zu? Diese Frage stellt Poster "schau, schau" in seinem Blick auf die Community.

Foto: APA/Ronald Wittek

Beschreiben wir einen potenziellen Gedankengang eines Posters, eines Wesens, das immer das Gegenteil von dem möchte, was es zu wollen vorgibt; zumindest könnte man das glauben, wenn man wollte.

Hurra, ein neuer Artikel zu einem Thema, das mich interessiert, da lese ich doch gleich mal rein. Was? Nein, das stimmt doch nicht, das ist doch der alte Stand der Dinge?! Na, geh bitte, was ist denn das wieder für eine Übersetzung, das ist doch das genaue Gegenteil vom Original?! Wie bitte?! Die Zahlen sind doch völlig falsch. Na, das kann man so nicht stehen lassen, zum Glück gibt's den Kommentarbereich, da kann ich ja gleich einmal posten, das wird dann sicher korrigiert.

Zwei Stunden ist nichts passiert.

Keine Antwort, keine Überarbeitung, nichts. Der Kommentar steht da, bietet Hintergrundinformationen, bittet um Dialog, aber nichts, er verpufft.

Der Poster ist traurig. Er fragt sich, was passiert ist, wieso sein Kommentar nicht wahrgenommen wird. Grüne Stricherln hat er bekommen, er dürfte also recht haben, dürfte nicht den Verstand verloren haben, seine Vorschläge dürften auch für andere Leute Sinn ergeben, bloß scheinbar für die eine Person nicht, die die Macht hätte, den Artikel zu überarbeiten, was man ja ganz leicht kann, das Internet ist geduldiger als Papier.

Aber es passiert nichts. Und nach ein paar Stunden ist der Artikel fast schon wieder vergessen. Eh wurscht, könnte man meinen.

Doch ist der Austausch zwischen Redaktion und Community eine der großen Stärken von derStandard.at. Viele Redakteure und Redakteurinnen nutzen das, plaudern, reagieren auf Vorschläge, lassen sich auch dazu herab, zu posten, wenn ein Korrekturvorschlag ein Blödsinn ist. Man wird auf Augenhöhe behandelt und bekommt das Gefühl, sich eingebracht zu haben, vielleicht dazu beigetragen zu haben, die Qualität der Artikel zu erhöhen, und es geht uns allen doch um Qualität.

Aber leider passiert es auch oft, dass man schlicht ignoriert wird. Oder nicht einmal das. Egal wie besonnen, wie ausführlich, wie hieb- und stichhaltig ein Kommentar auch sein mag, er wird von der Redaktion keines Blickes gewürdigt. Weil sich womöglich ein Verantwortlicher denkt: Geh bitte, was will denn der schon wieder?

Die Postingcommunity weiß nicht alles, aber sehr viel. Schon allein durch die Menge hat sie den Vorteil, Expertenwissen zu bieten, das in der Redaktion in dem Umfang womöglich nicht vorhanden ist. Auf diesen Wissenspool zurückzugreifen, das ist doch nicht verkehrt, noch dazu, wo jeder Fehler macht.

Dass viel zu wenig Zeit für alles ist, das weiß ein jedes Kind. Dass man nicht jeden Beistrichfehler in jedem noch so kleinen Agentur-Artikel korrigieren wird, das ist klar. Dass bei Eigenarbeit aber darauf reagiert wird, was von da unten kommt, das wäre wünschenswert. Und würde sicherlich nicht dazu führen, dass die Mitglieder der Redaktion verblöden. (Michael Kaczorowski, derStandard.at, 4.10.2012)