Pferde waren im Ersten Weltkrieg sehr gefragt, wie auch diese aus jener Zeit erhaltene Postkarte zeigt. Die Bäuerin sagt: "Meinen Mann können Sie so lange im Krieg behalten, wie Sie wollen, aber lassen Sie mir wenigstens meine Stute."

Foto: Historial de la Grande Guerre - Péronne (Somme)

Ferdinand Porsche war als geschickter Fahrzeugkonstrukteur erfolgreich, lange bevor sein Name eine Marke wurde. Im Ersten Weltkrieg zum Beispiel wurde ein nach seinen Plänen gebauter Autozug betrieben, bei dem eine Zugmaschine und die angehängten Karren je nach Bedarf mit Zugrädern für Schienen oder Reifen für Straßen und Schlachtfelder ausgestattet wurden. Das Gefährt war nicht schnell, aber sehr nützlich, konnte man mit ihm doch schwere Geschütze transportieren, erzählt der Historiker Manfried Rauchensteiner. Er wird bei der Tagung "Techno-Politics in the Age of the Great War 1900-1930" (11. bis 12. 10.) am Internationalen Forschungszentrum Kulturwissenschaften an der Kunstuniversität Linz (IFK) über die Entfesselung des Krieges sprechen und welche Rolle dabei Österreich-Ungarn spielte. "Es löste nämlich einen Krieg aus, bei dem die Industrialisierung des Schlachtfelds erstmals gigantische Ausmaße erreichte."

Das wichtigste Transportmittel für Soldaten, Munition und Lebensmittel war das Pferd. Die US-Amerikanerin Gene Tempest schreibt gerade an ihrer Doktorarbeit zu diesem Thema - am Department of History der Yale University. Sie berichtet von etwa 1,5 Millionen Pferden in der französischen und 1,2 Millionen in der britischen Armee. Man könne davon ausgehen, dass insgesamt für jeden Soldat, der in diesem Krieg kämpfte, mindestens ein Pferd aufgeboten wurde, sagt die Historikerin. 60 Millionen müssten das demnach gewesen sein. Ausmaße, die nur mit viel Aufwand erreicht werden konnten, meint Tempest, die im Rahmen der IFK-Tagung einen Vortrag halten wird.

Kriegstaugliches Tier

Ein Pferd war nämlich erst im Alter von sechs Jahren kriegstauglich. Davor galt es als zu schwach, um die Strapazen auszuhalten, sagt Tempest. 1914 rekrutierte man den Großteil der Tiere noch von heimischen Bauernhöfen, später sah man sich dann in fremden Ländern nach Nachschub um. Die alliierten Westmächte kauften ab 1915 in den Märkten der USA frische Pferde ein und ließen sie von Cowboys zur Probe reiten. Darunter waren freilich auch Wildpferde. Manche von ihnen überlebten den zehn- bis zwölftägigen Schiffstransport nach Europa nicht. Einige endeten auch als Nahrungsmittel für fast verhungerte Soldaten: zum Beispiel in der Schlacht um Przemysl.

Dass daneben die Entwicklung von Transportmitteln vorangetrieben wurde, weiß man aus Geschichtsbüchern. Sowohl Panzer als auch Flugzeuge wurden eingesetzt - ausgestattet mit mehrfach verbesserten Technologien. " Natürlich war das ein kalter, maschinengestützter Fortschritt ohne Rücksicht auf Menschenleben", sagt Lutz Musner, stellvertretender Direktor des IFK und einer der Organisatoren der Tagung.

Die Bombe in den Händen

Anfangs wurden Flugzeuge vor allem für Aufklärungsflüge benützt. "Als man merkte, dass die Luft auch ein taktischer Raum ist, hat man sie auch mit Waffen für Kämpfe ausgestattet." Dabei galt es eine Antwort auf die Frage zu finden: Welche Möglichkeiten hat der Pilot, sein Ziel anzuvisieren? Da blieb nur die Schnauze des Flugzeugs, also taktete man das Maschinengewehr so, dass die Kugeln zwischen den Propellerschlägen durchrasten. Bei Bombardements ging es genauso schnell. "Zunächst hielt der Pilot die Bombe in seinen bloßen Händen, ehe er sie abwarf", berichtet Rauchensteiner. Danach wurden Bombenklappen gebaut. Dabei sei es aber zu keinen großflächigen Verwüstungen gekommen.

Die schwerwiegendsten Folgen für Soldaten und Zivilisten hatte der Gaskrieg. Schon 1915 wurden Giftgase produziert, die in unterschiedlichen Entwicklungsstufen unterschiedliche Horrorszenarien zur Folge hatten. Man produzierte Berührungsgase, die besonders gefährlich wurden, wenn ihre Partikel auf die Erde fielen und schwere Verätzungen verursachten. Andere Gase führten zunächst zu Brechreiz. Jeder Soldat, der die Schutzmasken vom Gesicht nahm, starb schließlich durch die Inhalation des Giftes. Rauchensteiner weiß Details aus der Wissenschaftsgeschichte zu berichten. "Von jenen Forschern, die an diesen Entwicklungen beteiligt waren, erhielten insgesamt neun vor oder nach dem Ersten Weltkrieg einen Nobelpreis für eine ihrer anderen wissenschaftlichen Arbeiten."

Gezeichnet vom Lärm

Zynisch wirkt aus heutiger Sicht die Begründung für Gasangriffe, die im Rechtfertigungsrepertoire vieler Staatsmänner und Feldherren war. Gas sei humaner als ein dauerhaftes Artilleriefeuer, das natürlich vielen Soldaten sehr zu schaffen machte. Einige von ihnen waren durch den " infernalischen Lärm" (Rauchensteiner) und den weit verbreiteten Gestank durch tote Kameraden und Pferdekadaver stark beeinträchtigt, wurden apathisch, unansprechbar und zitterten. Der Ausdruck "Kriegszitterer" entstand. Die damalige Psychiatrie behandelte diese Patienten mit Elektroschocks.

Folgen, mit denen vor Ausbruch des Krieges natürlich niemand rechnete. Damals herrschte in ganz Europa Kriegsbegeisterung. Es gab schon längere Zeit viele kleinere militärische Auseinandersetzungen, und so manch ein Entscheidungsträger in der damaligen Gesellschaft sehnte ein großes " reinigendes Gewitter" herbei, wie Rauchensteiner berichtet. Zahlreiche Mobilmachungen endeten nicht im Krieg, weshalb hohe Finanzbeamte kritisch anmerkten, das koste zu viel Geld. Beim nächsten Mal sollte man zuschlagen und sich die Investitionen vom besiegten Feind holen.

Dazu kam die Politik des im Zerfall befindlichen Habsburgerreiches, das den slawischen Volksgruppen keinesfalls mehr Autonomie zugestehen wollte. Die Ermordung des Thronfolgers Franz Ferdinand kann also nur als auslösendes Moment bezeichnet werden, wie Lutz Musner sagt. "Man wollte den Krieg und hat auch das Ultimatum an Serbien in einem Punkt so formuliert, dass es nur abgelehnt werden konnte", meint auch Rauchensteiner. Für die Kriegserklärung wurde sogar ein erster Angriff der Serben erfunden.

Fast hundert Jahre danach ist dieses Wissen noch nicht weit verbreitet. Hier herrsche noch die Schulmeinung vor, in diesen Krieg gedrängt worden zu sein, sagt Lutz Musner. "Dabei war Österreich-Ungarn nicht passiv, sondern ein entscheidender Akteur auf dem Weg in die Katastrophe." (Peter Illetschko/DER STANDARD, 3. 10. 2012)