Wien - Lange hat die Trennung zwischen Michael Fleischhacker und der "Presse" nicht gedauert: Im November kehrt der ehemalige Chefredakteur als Kolumnist in seine frühere Zeitung zurück. Der neue Chefredakteur Rainer Nowak will seinen ehemaligen Chef künftig "an prominenter Stelle" zu Wort kommen lassen. Den Herbst über ist Nowak selbst nun mit der internen Neuaufstellung der "Presse" beschäftigt, Anfang 2013 soll dann ein optischer und inhaltlicher Relaunch folgen.

"Das Ziel ist: Qualität, Qualität, Qualität."

"Das Ziel ist: Qualität, Qualität, Qualität." So soll die "Presse" eleganter und reduzierter werden und auch ein wenig an tatsächlicher Farbe verlieren. Ob es bei der monothematischen Titelseite bleibt, stehe noch nicht fest. Klar sei, "dass wir alles, was gut funktioniert, uns von den Mitbewerbern unterscheidet und uns nicht mainstreamig macht, beibehalten und weiterentwickeln werden". Grundsätzlich sieht Nowak in der Unterscheidbarkeit "die einzige große Chance für Zeitungen, um stärker zu werden. Wenn überall die gleichen Inhalte, nur mit anderen Titeln zu lesen sind, gibt es kaum Möglichkeiten, die Reichweite zu steigern."

Paid-Content-Überlegungen für diepresse.com

Das gelte auch für das Netz: Auch dort solle sich diepresse.com von anderen Onlineausgaben unterscheiden und noch stärker auf Spezialisierung setzen. Ausbaubar seien hier etwa noch die Themen "Meinung" und "Wirtschaft und Recht". Wichtig sei es, Qualität zu liefern, die dann auch etwas kosten dürfe und müsse - "egal auf welcher Plattform". Dementsprechend überlege man auch bei der "Presse" im Internet, kostenpflichtige Inhalte (Paid Content) anzubieten - "das wäre mir ein Anliegen", so Nowak.

Klare Position beziehen

Was es auch unter Rainer Nowak nicht geben wird, sind Kampagnen. "Eine Qualitätszeitung soll nicht kampagnisieren, sondern in bestimmten Punkten eine klare Position beziehen, das gehört zu ihrer demokratiepolitischen Aufgabe. Was er damit meint, hat Nowak, wie andere heimische Journalisten auch, bereits mit seinem intensiven Anschreiben gegen das Abdrehen des U-Ausschusses vorexerziert. Anders als von der SPÖ behauptet, sei das keine Kampagne, sondern "ein gemeinsamer Aufschrei gewesen. Absprachen mit anderen Printtiteln habe es nicht gegeben, außer einer SMS von "Kleine Zeitung"-Kulturchef Frido Hütter, der meinte, "wir dürfen uns das nicht einfach gefallen lassen". "Dass zeitgleich Denker wie Doron Rabinovici auch meinten, dass das nicht so geht, wussten wir nicht. Dass Rabinovici und ich nicht aber Teil einer gemeinsamen Weltverschwörung sein können, sollte sogar in der Löwelstraße einleuchten."

"Eher rechts der Mitte als links der Mitte angesiedelt"

Dass er selbst als Chefredakteur der "Presse" von der Gesinnung her "eher rechts der Mitte als links der Mitte angesiedelt" sei, könne wohl keine Überraschung sein. "Aber sowohl diese Zeitung als auch ich haben über Jahre hinweg einigermaßen bewiesen, dass wir Distanz zu allen Parteien halten". Die "Presse" sieht er mit ihrer Positionierung als bürgerlich und wirtschaftsliberal gut aufgestellt. Was die "Presse" unter Nowak mitunter durchaus sein soll, ist "konservativ", allerdings nicht nur im bewahrenden Sinn. Es gebe in der Gesellschaft eine Sehnsucht nach Werten und diese gelte es, mit Leben und Inhalt zu füllen.

Eigener Code of Conduct

Intern arbeitet die "Presse"-Redaktion derzeit an einem eigenen Code of Conduct, der über den bestehenden Ehrenkodex für Journalisten hinausgehen soll. Geklärt werden soll darin unter anderem, wie man mit Einladungen zu Pressereisen umgeht ("möglichst strikt"), beziehungsweise welche besonderen Regeln für Wirtschaftsjournalisten, die Aktien besitzen, gelten sollen. Ein Ziel, das sich Nowak auf die Fahnen geschrieben hat, ist außerdem die Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen: "Man muss schon bald deutlich merken, dass ich Kolleginnen fördere", kündigte der Chefredakteur an.

"U35"

Ein weiteres Vorhaben ist es, mehr junge Leser an die "Presse" zu binden. Dafür hat Nowak die ehemals von Fleischhacker gegründete "U35", eine Redaktionsversammlung der unter-35-jährigen Journalisten des Hauses, wieder ins Leben gerufen. Sie sollen Ideen ausarbeiten und eigenständig umsetzen. "Sie sollen ein Innovationsinkubator sein, egal ob für Print oder für Online." Die kolportierten Spar- und Synergiepläne bei "Presse" und "Wirtschaftsblatt" wollte Nowak zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht kommentieren. (APA, 2.10.2012)