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Als 14-jähriger verließ er das Land, als NHL-Star kommt er zurück.

Foto: APA/Fohringer

Wenn selbst die abendlichen "Zeit im Bild"-Sendungen im ORF über einen Spielertransfer im Eishockey berichten, ist fürwahr Großes passiert. Thomas Vanek, des Landes erfolgreichster Profi in der stärksten Liga der Welt, kehrt ob des anhaltenden Tarifstreits zwischen Klubbesitzern und Spielergewerkschaft in der NHL nach Österreich zurück.

In den kommenden gut vier Wochen wird er seine Schlittschuhe für die 99ers schnüren, den EBEL-Klub aus der Stadt seiner Kindheit, Graz. Der große Star des heimischen Eishockeys, in Buffalo eben am Beginn des sechsten seines sich über sieben Jahre erstreckenden und mit 50 Millionen Dollar dotierten Vertrags, schließt sich damit einem Verein an, der noch gar nicht gegründet war, als er 14-jährig das Land verließ, um in Nordamerika die Verwirklichung seiner sportlichen Träume in Angriff zu nehmen.

Zentrum des Interesses

Den 99ers, zeit ihrer Existenz eher eine der grauen Mäuse der Liga, gelang damit ein grandioser Coup. Zwar wird Vanek im Februar, wenn das Team darum kämpfen wird, erstmals in seiner Historie eine Runde in den meisterschaftsentscheidenden Play-offs zu überstehen, in Graz schon längst wieder Geschichte sein. Seine Verpflichtung stellt den Verein jedoch unmittelbar und strahlend ins Zentrum des nationalen Eishockey-Interesses.

Rampenlicht, das dem Klub gut tun wird, der häufig nur knapp über der Wahrnehmungsgrenze operiert. Denn trotz seiner Kurzfristigkeit bietet der Vanek-Deal den 99ers die Möglichkeit, in der steirischen Landeshauptstadt eine Euphorie zu entfachen, deren Effekte - kurzfristig: gesteigertes Publikums- und Sponsoreninteresse, langfristig: Neu- oder zumindest Umbau der unzeitgemäßen Heimstätte - der lange ersehnten Etablierung des Eishockeys an diesem schwierigen Standort zuträglich sein sollten.

Volle Hallen, gute Einschaltquoten

Dass Österreichs Sportler des Jahres 2007 für die Dauer des NHL-Lockouts zum Entwicklungshelfer wird und die Erste Bank Eishockey Liga bereichert, statt in der Schweiz oder Russland seinen Kontostand aufzubessern, ist ihm hoch anzurechnen, kommt aber nicht überraschend. Wie sehr er dem Land, in das seine Eltern 1982 als Flüchtlinge kamen, verbunden ist, bewies er in der Vergangenheit mehrfach, etwa wenn er nach einer langen Saison in Nordamerika nicht zögerte, dem Nationalteam in seinem Paternoster-Dasein beizustehen.

In den kommenden Wochen wird Thomas Vanek für Schlagzeilen, volle Hallen und gute TV-Einschaltquoten sorgen, er wird dem österreichischen Eishockey einmal mehr Rückenwind verleihen. Dass er das quasi zum Nulltarif - die Versicherung des NHL-Vertrags stemmt Graz mithilfe eines Zusatzsponsors - tun wird, passt zum Sportler und Familienmenschen Vanek. Für die 99ers ist sein Engagement die goldene Gelegenheit, als Klub zu wachsen und auch langfristig positive Effekte zu generieren. Eine Weiterentwicklung und Professionalisierung des unzureichend organisierten Vereins im Sog der Vanek-Euphorie stünde dem EBEL-Vertreter aus der zweitgrößten Stadt des Landes gut zu Gesicht. (Hannes Biedermann, derStandard.at, 2.10.2012)