Die Golden Hall in Athen.

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Wertlose Lotteriescheine auf einer illegalen Müllkippe in Athen. Der griechische Staat erhofft sich aus dem Verkauf seiner staatlichen Wettgeschäfte frisches Geld.

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Athen/Istanbul - Lang gefackelt wird jetzt nicht mehr in der griechischen Privatisierungsbehörde Taiped. "Wir schauen nicht auf Erfahrung oder so etwas. Wer mehr Geld auf den Tisch legt, bekommt den Zuschlag", sagt ohne Umschweife Christos Konstas, ein Sprecher von Taiped.

81 Millionen Euro haben die amtlichen Privatisierer nun eingefahren. Sie verpachten für 90 Jahre die Golden Hall im Norden Athens, ein Einkaufszentrum in Top-Lage, das einmal das internationale Sendezentrum während der Olympischen Spiele 2004 war.

32 Millionen Euro zusätzlich erwartet sich die Behörde auf lange Sicht von dem Deal mit dem griechischen Immobilienriesen Lamda. Es ist ihr erster Erfolg in diesem Jahr. Dass die Privatisierungsbehörde in den noch verbleibenden drei Monaten an die Marke von 3,8 Milliarden Euro herankommt, die Griechenland mit seinen Kreditgebern vereinbart hatte, ist freilich illusorisch.

Es wird ernst für Wettgesellschaft

Die Kugeln von "Kino" sollen als Nächstes aus dem Staatssäckel kullern. Das beliebteste Wettspiel der Griechen liegt auf dem Verkaufstisch und auch sonst alles, was OPAP, eine der weltweit größten Wettgesellschaften, an Zeitvertreib und Risikolust zu bieten hat. Der griechische Staat startete vergangene Woche die Ausschreibung zum Verkauf von 33 Prozent an dem Unternehmen und will lediglich noch ein Prozent für sich behalten. OPAP ist Griechenlands profitabelstes Staatsunternehmen. Es hat bis 2030 das exklusive Recht zur Organisation von 13 Glücksspielen sowie eine zehnjährige Lizenz für den Betrieb von 35.000 Lotterie-Terminals.

Es ist der nächste Privatisierungsversuch der Regierung von Antonis Samaras. Dieser hatte die Führung von Taiped im Sommer ausgetauscht, um endlich frische Einnahmen zu bekommen. Auf 770 Millionen Euro wird der Wert des Staatsanteils an OPAP noch geschätzt, Tendenz stark fallend. Und hier beginnen schon wieder die Probleme.

Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg verhandelt derzeit eine Klage der Wettkonkurrenten Stanleybet und Sportingbet PLC wegen der angeblichen Benachteiligung durch eine Monopolstellung von OPAP auf dem griechischen Markt. Das Urteil steht noch aus, doch ein Generalanwalt am Gerichtshof gab den Klägern dieser Tage in einer Stellungnahme schon einmal recht. Ein schneller Verkauf von OPAP noch bis Jahresende und zu einem akzeptablen Preis, wie es sich die griechische Privatisierungsbehörde vorstellt, wird damit schwerer. Als das Finanzministerium zudem kürzlich die Einführung einer 30-prozentigen Steuer auf Gewinne auch von Offline-Spielen ankündigte, stürzte die OPAP-Aktie an der Athener Börse ab. OPAP machte im vergangenen Jahr noch 537,5 Millionen Euro Gewinn.

Dennoch steht die "short list" mit den Objekten, die von Taiped rasch zum Verkauf oder zur Verpachtung ausgeschrieben werden sollen. Nach fünf Monaten Pause aufgrund der Wahlen und schwieriger Regierungsbildung sei das Tempo nun erheblich höher, sagte Christos Konstas im Gespräch mit dem Standard. Die Troika hat den Erlös aus den Privatisierungen bis 2015 von ursprünglich 50 auf 19 Milliarden Euro nach unten korrigiert.

Neben OPAP will Athen nun die staatliche Lotterie losschlagen - die Österreichische Lotterien Gesellschaft ist einer der Bieter - sowie den Gasversorger DEPA, der zu 75 Prozent in Staatsbesitz ist. Auch zwei große Areale auf Korfu und Rhodos stehen auf der Liste.

Unbewohnte Miniflecken

Die Privatisierer wollen mit dem Tabu der Inseln brechen; 40 haben sie gefunden, meist unbewohnte Miniflecken. Dabei geht es nicht um einen Verkauf, sondern um Langzeitverpachtung. Diese soll neben Einnahmen für die Staatskasse vor allem ausländische Investoren ins Land bringen und neue Arbeitsplätze schaffen. Taiped erhofft sich aus dem Privatisierungsprogramm in den kommenden acht Jahren rund 20 Milliarden Euro an Investitionen und 150.000 Jobs für die Griechen. (Markus Bernath, DER STANDARD, 1.10.2012)