Mailand - Gut fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts werden in Italien durch Korruption vernichtet, das entspricht 60 Milliarden Euro. Der Oberste Rechnungshof zeigt aber nicht nur den Schaden für das Wirtschafts- und Sozialsystem des Landes auf. In seinem jüngsten Bericht stellt er auch fest, dass die Korruptionsbekämpfung bisher kaum Erfolge zeigte.

Im Vorjahr kam es nur zu Strafverfügungen in Höhe von 75 Millionen Euro. Allein die zwanzig Regionen Italiens stehen im Verdacht, jährlich hunderte von Millionen Euro zu verschwenden.

Zählt man zu dem durch die Korruption erlittenen Schaden noch die dem Fiskus entzogenen Steuergelder von bis zu 120 Milliarden Euro und den jährlichen Umsatz des organisierten Verbrechens von ebenfalls geschätzten 120 bis 150 Milliarden hinzu, so kumuliert sich der wirtschaftliche Schaden auf mehr als 300 Milliarden Euro. Damit könnten Italiens Staatsfinanzen teilweise saniert werden. Zur Refinanzierung benötigte das Land heuer 450 Milliarden Euro. Auch im internationalen Vergleich schneidet Italien unrühmlich ab: In der von Transparency International veröffentlichten Untersuchung über die Rangordnung der Nichtkorruptionsländer in aller Welt steht Italien auf dem 69. Rang, nur knapp vor Griechenland und Rumänien.

Zwangsverwaltung

Die Regierung will nach dem letzten Skandal in der Region Latium mit der Korruptionsbekämpfung ernst machen. Noch in dieser Woche soll das seit acht Monaten zur parlamentarischen Diskussion stehende Antikorruptionsgesetz verabschiedet werden. Aber die Regierung Monti plant noch andere Maßnahmen. Industrieminister Corrado Passera sprach am Samstag von einer möglichen Zwangsverwaltung jener Regionen, die öffentliche Gelder veruntreuten. Auch sollen die unter Korruptionsverdacht stehenden Regionalbeamten kurzfristig entlassen werden.

Allein in der norditalienischen Region Lombardei wird gegen 20 Abgeordnete ermittelt. Regionalpräsident Roberto Formigoni weigert sich, trotz aufgedeckter Skandale seinen Posten zu verlassen. Jetzt plant die Regierung die Zuwendungen an die Regionen und an die Gebietskörperschaften sowie die Anzahl der regionalen Abgeordneten drastisch zu kürzen.

Im Visier der Justiz ist etwa der größte italienische Luftfahrt- und Rüstungskonzern Finmeccanica. Die Staatsanwaltschaft ermittelt laut Medienberichten wegen mutmaßlicher Schmiergeldzahlung bei Hubschraubergeschäften. (Thesy Kness-Bastaroli, DER STANDARD, 1.10.2012)