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Auch Roman Abramowitsch ist ein guter Bekannter von Metalist-Präsident Jaroslawskij (rechts).

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Der weltberühmte Bronze-Ball von Charkiw, gestiftet 2001 vom FC Metalist und aufgestellt im zentral gelegenen Schewtschenko-Park (nicht benannt nach einem Fußballer, sondern einem Dichter). Seitdem sich als erster der bärbeißige Nationalheld Oleg Blochin auf ihm verewigte, hat es ihm die halbe Ukraine nachgemacht.

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Die Begegnung der Salzburger mit Metalist verlief im letzten Jahr eher ernüchternd, ...

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... was wiederum den Charkiwer Anhang entzückte.

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Wien - Am Donnerstag um 19 Uhr geht für Rapid schon wieder weiter, die nächste Station in der Europa League wartet. Sie heißt Charkiw und liegt in der Ukraine - also ziemlich weit weg. Etwaige Reisestrapazen antizipierend schwebten die Hütteldorfer deshalb zum (siegreich beschlossenen) Match nach Innsbruck zwecks Schonung mit dem Flieger ein.

Der erste Auftritt in der Gruppe K ging bekanntlich schief, gegen Rosenborg Trondheim setzte es im leeren Happel-Stadion ein 1:2. Zu unbedarft war man angelaufen, fand nie einen passenden Schlüssel für das norwegische Schloss. Das ist unangenehm, gilt doch Trondheim als der am ehesten zu knackende Kontrahent in dieser Bewerbsphase.

Es wird also nicht leichter. Metalist hat sich in der starken ukrainischen Liga in den letzten Jahren immerhin als die Nummer drei etabliert, im Vorjahr war in der Europa League erst im Viertelfinale Endstation. Da scheiterte das Team von Trainer Miron Markewitsch so knapp wie unglücklich an Sporting Lissabon. Der 61-Jährige steht für Kontinuität, er ist bereits seit sieben Jahren im Amt und noch mit einem Vertrag bis 2017 ausgestattet.

In seinem Kader tut sich mehr, fünf Brasilianer und sechs Argentinier tummeln sich da, ukrainisches Personal tut sich schwer. Beim 0:0 bei Bayer Leverkusen vor zwei Wochen war Tormann-Veteran Olexander Gorjainow (37) der einzige Einheimische in der Grundaufstellung. Das liegt auch daran, dass bei vergleichbarer Qualität Spieler aus Übersee günstiger zu haben sind als ihre Kollegen aus der Ukraine.

Der Macher

Das nötige Kleingeld für das Engagement einer so international ausgerichteten Belegschaft stellt Olexander Jaroslawskij zur Verfügung. Der 53-jährige Unternehmer übernahm den Klub 2004, als Metalist in der Zweitklassigkeit dümpelte. Sein Firmenkonglomerat ist in der Development Construction Holding (DCH) gebündelt, wie einige andere hat Jaroslawskij die verworrenen Zustände nach dem Zerfall der Sowjetunion dazu genützt, ein Vermögen zu machen. Wie genau, bleibt allerdings im Dunkeln - und der Zampano selbst trägt auch nicht wirklich zur Aufklärung der Sachlage bei.

Er war es auch, der mit dem Umbau des Metalist-Stadions (Fassungsvermögen etwa 40.000) nach dem Vorbild der Londonder Stamford Bridge und der Errichtung eines Flughafen-Terminals sowie eines Luxushotels der EM (in Gestalt dreier Vorrunden-Matches) die Rutsche nach Charkiw legte. Wie viel von seinem eigenen Geld in diesen Projekten steckt, ist jedoch unklar.

In klubeigene Infrastruktur will Jaroslawskij nach eigenen Angaben bisher etwa 200 Millionen Dollar investiert haben, neben der hypermodernen Arena gehören dazu auch ein luxuriöses Trainingsgelände sowie eine Nachwuchsakademie. Ein höchst professionelles Scoutingsystem hält vor allem in Südamerika Augen und Ohren offen. Den Marktwert des aktuellen Kaders taxiert transfermarkt.de auf etwas über 73 Millionen Euro (Rapid: 16 Millionen). Das Jahresbudget von Metalist beziffert Jaroslawskij mit 35 bis 40 Millionen Dollar, wohl eher eine Untertreibung.

Sein Engagement sei "ein soziales Projekt. Die Summe wird für die Liebe zum Fußball ausgegeben und für die Liebe, die Metalist von den Menschen in dieser Stadt empfängt", führt der Präsident im Interview mit dem deutschen Journalisten Olaf Sundermeyer aus.*

Achmetow mit J

Jaroslawskijs Honeymoon mit dem Fußball ist allerdings ein eher rezentes Phänomen und hängt offenbar eng mit seiner Freundschaft zu Rinat Achmetow zusammen. Der Oligarch von Donezk spielt sowohl finanziell wie auch sportlich (noch) in einer anderen Liga als sein Charkiwer Kollege, hat diesen aber für den Sport entflammt und steht ihm offenbar mit Rat und Tat zur Seite.

Von Achmetow habe er sich vieles abgeschaut, eröffnet Jaroslawskij freimütig. Neben dem Südamerika-Schwerpunkt vielleicht auch die stabilen Verhältnisse in der sportlichen Leitung, schließlich sitzt auch beim Meister Schachtar ein Urgestein auf der Bank: Mircea Lucescu (seit 2004). Die Nähe zu seinem Vorbild hat Jaroslawskij, dessen Sitzplatz in der Präsidentenloge des Metalist-Stadions sich exakt auf der Verlängerung der Mittelline befindet, in der ukrainischen Presse einen Spitznamen verschafft: Achmetow mit J.

Jedoch erscheint sein Engagement durchaus authentisch und wird auch von kritischen Anhängern respektiert. Jaroslawskij identifiziere sich mit dem Klub und betrachte ihn nicht nur als Spielzeug, sagte der Schriftsteller und langjährige Metalist-Sympathisant Serhij Zhadan gegenüber dem Fußballmagazin "ballesterer". Neben dem Aufschwung von Metalist wird ihm auch positiv angerechnet, dass er sein Geld - durchaus mit Eigennutz - lokal investiert. Das kann Charkiw, die zweitgrößte Stadt des Landes und ein Zentrum von Industrie und Wissenschaft, gut gebrauchen, da der Staat in dieser Hinsicht oft ausfällt. 

Retorte geht anders

Metalist ist in der 1,5 Millionen Einwohner zählenden Metropole verwurzelt, die Geschichte des Traditionsklubs lässt sich bis zu einer Eisenbahnermannschaft aus dem Jahr 1925 zurückverfolgen. Damals war Charkiw, das später während des Zweiten Weltkrigs heftigst umkämpft war und dessen Bevölkerung schrecklich unter dem barbarischen Besetzungsregime der Deutschen leiden musste, für kurze Zeit gar die Hauptstadt der Sowjetunion.

Unter verschiedenen Namen pendelte der Verein mehr schlecht als recht im Ligensystem des Landes. Erst 1960 langte man ganz oben an, hielt sich aber nur vier Jahre in der Erstklassigkeit. Immerhin einen Titel kann Metalist vorweisen: den Cup der UdSSR aus dem Jahr 1988. Jedenfalls verfügt man, auch dank des Aufschwungs der letzten Jahre, über einen treuen und zahlenmäßig ordentlich bestückten Anhang: die "Chorjoks" (was lautmalerisch dem Namen ihrer Stadt ähneln soll). Leider ist - wie generell bei Fußballfans in der Ukraine - auch unter ihnen fehlende Distanz zu rechtem Gedankengut sowie fehlende Sensibilität gegenüber nazistischer Symbolik zu beklagen.

Stockender Start

In die laufende Saison ist das Team, das in der Liga seit 2007 sechsmal in Folge den dritten Platz belegte, nicht gerade fulminant gestartet. Zwei Niederlagen gab es schon, gegen Arsenal Kiew und Wolyn Luzk - nicht gerade große Kapazunder, was aber andererseits einem Metalist-Klischee perfekt entspricht, wonach man gerne gegen Starke gewinnt und gegen Schwache versagt. Zuletzt reichte es am Wochenende bei Odessa (mit dem österreichischen Verteidiger Markus Berger) nur zu einem 1:1.

Den Ausgleich in der 88. Minute erzielte mit dem Brasilianer Willian der einzige kostspielige Sommer-Neuzugang. So ist nach zehn Runden Tabellenführer Schachtar schon wieder um zwölf Punkte davongelaufen, Dinamo Kiew immerhin um sechs. Metalist liegt hinter Dnjepropetrowsk derzeit auf dem vierten Platz.

Den Respekt Rapids ficht das nicht an: "Das wird richtig schwer", prognostiziert Trainer Peter Schöttel. "Wir werden uns in den nächsten Tagen sehr gut vorbereiten und versuchen, eine gute Leistung zu bringen." Das kann nicht schaden, ist doch das Schicksal der Austria (1:2, 1:4) und jenes von Salzburg (1:4, 0:4), die in der letzten EL-Spielzeit von Metalist geradezu vorgeführt wurden, noch gut erinnerlich.

Flach und flott

Trainer Markewitschs Blau-Gelbe praktizieren einen technisch ausgereiften, auf Offensivpressing und schnelles, variantenreiches Spiel in die Spitze aufgebauten Fußball. Ein Stil, der in der Ukraine allgemein favorisiert wird. Rapid muss sich also darauf einstellen, bereits früh im Spielaufbau Bekanntschaft mit dem Gegner zu machen - höchste Konzentration und Minimierung von Fehlern werden gefordert sein. Ebenso wie hohe Laufbereitschaft und Fitness angesichts des zu erwartenden beschleunigten Tempos im Spiel von Metalist.

In Leverkusen konnten die in einer 4-2-3-1-Formation angeordneten Ukrainer, mit Cleiton Xavier als zentralem Einfädler, ihre Offensivqualitäten nur punktuell ausspielen. Vor allem in der zweiten Halbzeit zeigten die Gäste ein pragmatisches Gesicht und verhielten sich eher passiv. Am Ende hat das auch gereicht, unter Druck kam Metalist in der BayArena nur in den letzten zehn Minuten.

Empfehlung von Berger: "Rapid muss hinten gut stehen und darf nicht nur lange Bälle nach vorne spielen, sondern muss versuchen, den Ball zu halten und zu spielen. Wenn Metalist viel Ballbesitz hat, wird es schwierig." (Michael Robausch, derStandard.at, 3.10.2012)

Europa-League-Gruppenphase, erste Runde

  • Bayer Leverkusen - Metalist Charkiw 0:0

Metalist: Gorjainow - Villagra, Gueye, Torsiglieri, Fininho - Torres, Edmar - Xavier - Taison (65. Willian), Cristaldo (77. Marlos), Sosa (88. Pschenytschych).

Europa-League-Playoff:

  • Metalist Charkiw - Dinamo Bukarest 2:1 (1:0). Tore: Blanco (29.), Cristaldo (61.) bzw. Curtean (52.)
  • Dinamo Bukarest - Metalist Charkiw 0:2 (0:1). Tore: Cleiton Xavier (9.), Cristaldo (57.)