Kennen Sie Egger? Nein,nicht die Waldviertler Bierbrauerei, sondern das Tiroler Holzverarbeitungsunternehmen. Würden Sie ihm Ihre Ersparnisse ohne weiteres anvertrauen?

Tausende Privatanleger haben dies vergangene Woche getan. Egger hat um 150 Millionen Euro eine Unternehmensanleihe mit einer Laufzeit von sieben Jahren begeben, die sich dank einer Stückelung von 500 Euro an kleine Sparer gerichtet hat. Und im Nu war das Papier überzeichnet – für eine Rendite unter 4,5 Prozent.

Nun ist Egger sicher ein gut geführtes Unternehmen. Aber kennt irgendeiner der neuen Geldgeber seine Bilanzen, seine Auftragsbücher oder seine Marktsituation? Anders als Großunternehmen hat Egger kein Rating. Nun können auch Ratingagenturen irren. Aber zumindest sind dort erfahrene Analysten am Werk, die eine Gesellschaft ganz genau durchleuchten.

Aber Unternehmensanleihen sind derzeit einfach in. So wie Hightech-Werte in den neunziger Jahren und Immobilienpapiere im vergangenen Jahrzehnt strömen Anleger in Scharen dort hinein – in der Hoffnung auf höhere Renditen als auf dem Sparbuch mit weniger Risiko als bei Aktien.

Laut Börsenvorstand Birgit Kuras wurden in Wien heuer 19 Unternehmensanleihen auf den Markt gebracht mit einem Gesamtvolumen von 3,7 Milliarden Euro. Möglich ist dies, weil es um diese Papiere ein echtes G‘riss gibt.

Doch wie bei jeder Anlageklasse, die auch unter Kleinanlegern populär ist, stimmt dann oft das Rendite-Risiko-Verhältnis nicht mehr.  Der Zustrom an Geld führt dazu, dass auch Unternehmensanleihen immer weniger Rendite bringen. Eine siebenjährige Kapsch-Anleihe nur etwa 3,2 Prozent, eine OMV-Anleihe unter drei Prozent.

Zum Vergleich: Italien zahlt derzeit 4,54 Prozent für sieben Jahre und 5,07 Prozent für zehn. Italiens Probleme sind bekannt, aber kann es sein, dass der Staat Italien heute ein schlechterer Schuldner ist als ein Tiroler Holzbetrieb?

Wahrscheinlich nein. Es ist die von Emotionen getriebene Stimmung im Markt, die dazu führt, dass italienische Papiere derzeit unter ihrem Wert geschlagen werden und die meisten Unternehmensanleihen bereits überbewertet sind. Man kann hier sogar schon von einer Mini-Blase sprechen.

Nun, worin besteht das Risiko? Natürlich ist es nicht wahrscheinlich, dass Kapsch oder Egger in den nächsten Jahren pleitegehen. Aber ausgeschlossen ist es nicht.

Kapsch ist viel in Mittel-und Osteuropa tätig. Das sind volatile Märkte. Ein Großauftrag, der wirklich schlecht läuft, oder eine tiefe Flaute in den wichtigsten Absatzmärkten – und das Unternehmen könnte tatsächlich in Zahlungsprobleme geraten.

Und bei Egger reicht es, wenn es in der Branche vermehrt zu Zahlungsausfällen kommt.  Wer dann sich als Anleihebesitzer nicht mehr sicher fühlt oder aus anderen Gründen das Geld sofort braucht, wird draufkommen, dass er sein Kapital nicht mehr zur Gänze erhält. Denn dann fallen auch bei Festverzinslichen die Kurse.

Gerade weil Unternehmensanleihen derzeit so beliebt sind und auch von den Banken gepusht werden, kann man nur „Hände weg!“ rufen.  Wer mit der Herde läuft, der wird mit ihr auch blind in den Abgrund rasen.