Inhaltlich setzt man im Innenministerium im Umgang mit Flüchtlingen zwar nach wie vor auf Härte - aber man verzichtet jetzt darauf, jeden Trend in der Asylantragsstatistik zu bewerten.

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Das Innenministerium spielt beim Umgang Österreichs mit den Menschenrechten eine zentrale Rolle. Hier werden die Gesetze entworfen, die regeln, wie Flüchtlinge, die es bis nach Österreich geschafft haben, behandelt werden. Hier, im Polizeiministerium, laufen die Fäden bei der Kriminalitätsbekämpfung zusammen.

Daher ist, was das Innenministerium nach außen kommuniziert, von menschenrechtlicher Relevanz. Warnen MinisterIn oder auch SprecherInnen vor Gefahr durch kriminelle AusländerInnen, so schürt das in der Bevölkerung Furcht, auch vor der großen Mehrheit jener Nicht-ÖsterreicherInnen, die keinerlei gesetzesbrecherische Absicht haben. Reden MinisterIn oder auch SprecherInnen von Flüchtlingen abschätzig, so verstärkt das die bei vielen BürgerInnen ohnehin bestehenden Vorbehalte gegen "Asylanten".

Nun hat sich in dieser Hinsicht im Innenministerium in der letzten Zeit einiges verbessert - und es ist zu wünschen, dass das auch so bleibt. Inhaltlich setzt man im Umgang mit Flüchtlingen zwar nach wie vor auf Härte - aber man verzichtet jetzt zum Beispiel darauf, jeden Trend in der Asylantragsstatistik zu bewerten: Sei es als Problem, das nach Abhilfe schreit, wenn - wie jetzt - mehr Flüchtlinge kommen. Sei es als Segen, wenn die Zahl von Ansuchen um internationalen Schutz abnimmt.

Fekters "Erfolge"

Letzteres war eine Spezialität von Ex-Innenministerin Maria Fekter: Bei fast jeder Pressekonferenz betonte sie, was für ein "Erfolg" für Österreich es sei, dass - wie es damals europaweit im Trend lag - die Asylantragszahlen wieder zurückgegangen waren.

Damit transportierte sie eine unter MinisterialbeamtInnen und ministeriumsnahen ExpertInnen leider bestehende Ansicht. Nämlich, dass es in Österreich überhaupt keine Asylwerber geben dürfe, weil laut Dublin-Verordnung die EU-Grenzstaaten (wo Flüchtlinge erstmals EU-Boden betreten) für die Antragsabwicklung zuständig sind. Die Folgen dieses EU-weiten Florianiprinzips zeigen sich bekanntlich in Griechenland, wo zehntausende Flüchtlinge auf der Straße leben müssen und in Ungarn, wo AsylwerberInnen vielfach das Einsperren in Gefängnisse droht, nur weil sie AsylwerberInnen sind.

Derlei hinterfragenswerte Denkansätze stehen jetzt offenbar nicht mehr so im Mittelpunkt der Ministeriumskommunikation. So sagte etwa der jetzige Pressesprecher des Ministeriums, Karl-Heinz Grundböck, vergangenen Mittwoch bei der STANDARD-Podiumsdiskussion über Asyl-Berichterstattung auf der diesjährigen Messe.Medien.Migration, er sehe es als positiv, wenn Menschen den auch von Österreich garantierten internationalen Schutz laut Genfer Flüchtlingskonvention in Anspruch nehmen.

Frage des Klimas

Gäbe es solche Wortmeldungen von offizieller Seite öfter, wären sie vielleicht sogar lauter: Es wäre ein wichtiger Beitrag zu einem die Menschenrechte ernst nehmenden Gesprächsklima zum Thema Asyl im Land. Es wäre dann schwieriger, Schutzbedürftige zu diffamieren und jene, die sich für sie einsetzen, lächerlich zu machen.

Im Innenministerium gibt es aber auch bei einem anderen Thema neue Denkansätze: bei der Kriminalitätsbekämpfung, konkreter: der TäterInnensuche. Internationalen Vorgaben folgend wird erwogen, sich dafür einzusetzen, dass in Berichten über Kriminalität auf die Nennung von Nationalitäten - und auf andere ethnische Zuschreibungen - künftig großteils verzichtet wird. Also überall dort, wo es für die TäterInnensuche nicht unbedingt erforderlich sei, also mit Ausnahme zum Beispiel von Personenfahndungen.

Konkret würde das bedeuten, dass der "türkische Ehrenmord", die "tschetschenischen Gewalttäter" oder auch die "nigerianischen Drogendealer" aus Polizeiberichten und journalistischen Artikeln verschwinden. Denn, so wird argumentiert: Beziehungsmorde gebe es in vielen Ländern, ebenso brutale Übergriffe und Personen, die illegale Substanzen verkaufen. Und gerade im sensiblen Bereich der Kriminalitätsberichterstattung gehe es darum, den Aufbau und die Verstärkung von Feindbildern zu verhindern. Dem ist nur zuzustimmen. (Irene Brickner/derStandard.at, 29.9.2012)