Wien - Die Idee einer Kindergrundsicherung als Maßnahme zur Bekämpfung von Kinderarmut wurde heute bei der Fachtagung des europäischen Netzwerks für Alleinerziehende (ENoS) in Wien präsentiert und diskutiert. Die EU-Abgeordneten Ulrike Lunacek (Grüne), Karin Kadenbach (SPÖ) und Heinz Becker (ÖVP) folgten der Einladung der Österreichischen Plattform für Alleinerziehende (öpa), Gründungsmitglied von ENoS, ins Haus der Europäischen Union. Das Alleinerziehenden-Netzwerk fordert die Einführung einer Kindergrundsicherung für alle Kinder und jungen Erwachsenen, unabhängig vom Einkommen ihrer Eltern.
Im Rahmen der Tagung stellte Miriam Hoheisl vom deutschen Verband alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) das Modell einer Kindergrundsicherung in der Höhe von 500 Euro monatlich vor. "Immer mehr Kinder und Jugendliche sind von Armut und sozialer Ausgrenzung gefährdet", betonte die sozialdemokratische EU-Abgeordnete Kadenbach und sprach sich für Bildungs-, Betreuungs- und Hilfsangebote aus.
"Argumentative Kraft"
Unterstützung für ihre Forderung nach einer Kindergrundsicherung erhielt das Alleinerziehenden-Netzwerk auch von Lunacek, die in ihrem Statement auf den Entschließungsantrag der konservativen italienischen EU-Abgeordneten Barbara Matera verwies. Darin wird die Umsetzung der "Europa 2020"-Strategie zur Armutsbekämpfung und der Barcelona-Kindererziehungsziele, die eine erhöhte Versorgung mit Kinderbetreuungsplätzen vorsieht, gefordert. "Dieser Entschließungsantrag hat zwar keine legistische Auswirkung, weil es sich lediglich um Empfehlungen handelt", räumte Lunacek ein und ergänzte: "Der Antrag hat aber argumentative Kraft, weil er aus der konservativen Ecke kommt."
Armut wird vererbt
Handlungsbedarf orteten auch Vertreter der Ministerien: Das Armutsrisiko für Kinder von Alleinerziehenden habe sich in den letzten Jahren um vier Prozent erhöht, berichtete Edeltraud Glettler, Sektionschefin im Sozialministerium. Dazu werde Armut oft vererbt, was zu einem Teufelkreis führe. Ines Stilling, Sektionschefin im Frauenministerium, erklärte: "Alleinerziehende Frauen weisen eine höhere Erwerbsbeteiligung auf und arbeiten öfter Vollzeit als Frauen in Partnerschaften. Trotzdem sind sie häufiger armutsgefährdet, was darauf hinweist, dass irgendetwas im System nicht so ist, wie wir es gerne hätten." Unterstützungen etwa, die über die Einkommenssteuer ausgeschüttet werden, würden bei vielen Alleinerziehenden nicht ankommen, weil sie zu wenig verdienen, um überhaupt Einkommenssteuer zu bezahlen, erläuterte Stilling. (APA, 21.09.2012)