Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller soll laut ÖVP-Kreisen überlegen, als Volksanwältin nach Wien zu gehen oder sich für eine Bundespräsidentschaftskandidatur vorzubereiten, berichtet Format. Beides ist höchst unwahrscheinlich.

Denn wenn Burgstaller von Salzburg nach Wien geht, dann wohl für eine viel wichtigere Aufgabe. Sie ist die einzige Persönlichkeit, die Werner Faymann als Bundeskanzler und Parteichef ersetzen könnte - und dies möglicherweise noch vor den nächsten Wahlen.

Denn Faymann ist angeschlagen - schwer angeschlagen. Die Inseratenaffäre lässt sich auch durch das entschlossene Nicht-Erscheinen vor dem Untersuchungsausschuss aus den Schlagzeilen und dem öffentlichen Bewusstsein vertreiben. Dafür wird schon die Justiz sorgen, die die Causa weiter untersucht - und die Medien (wenn auch nicht die darin verwickelten Dichand- und Fellner-Blätter), die nicht locker lassen werden.

Das Bild, das der Kanzler abgibt, ist verheerend. Die öffentlich bekannten Zeugenaussagen ergeben ein schlüssiges Bild: Kaum ist Faymann vom Wiener Wohnbauressort in das Verkehrsministerium gewechselt, nutzte er seine neue Macht, um seine alten Freunde am Boulevard mit teuren Inseraten zu bedienen. Die bedankten sich mit Jubelberichten, die Faymann halfen, sich an Stelle von Alfred Gusenbauer auf den Kanzlersessel zu setzen.

Nur anders als Wiener Wohnen waren ÖBB und Asfinag nicht Teil der Verwaltung, sondern eigenständige Aktiengesellschaften. Und das brachte die demokratiepolitisch verwerfliche Vorgehensweise auch strafrechtlich zumindest in eine Grauzone.

Die Art und Weise, wie Faymann dann verhindert hat, vor dem U-Ausschuss erscheinen zu müssen, passen in das Bild eines Machtpolitikers, der keine Gefangenen nimmt, wenn es um seine Eigeninteressen geht. Sein freundliches Lächeln und seine Aufrufe zu gesellschaftlicher Solidarität wirken dadurch zunehmend schal.
Dass sich die Affäre nicht dramatischer in den Umfragen niedergeschlagen hat, liegt an der Schwäche seiner Konkurrenten, und vor allem der FPÖ. Aber Heinz-Christian Strache - und damit die FPÖ - wird sich eher von den Kärntner Affären erholen als Faymann von seinem ganz persönlichen Inseratensumpf. Denn der FP-Chef selbst wurde nicht angepatzt.

Deshalb ist es durchaus möglich, dass spätestens Anfang nächsten Jahres in SP-Kreisen eine Debatte losgehen wird, ob man nicht noch rasch vor der Wahl den Parteichef und Spitzenkandidaten wechseln muss. Und da gibt es nicht viele Möglichkeiten. In der Regierung ist nur Sozialminister Rudolf Hundstorfer halbwegs beliebt. Aber Kanzlerformat hat er keines.

Und von den Landeshauptleuten hat Michael Häupl (Wien) seinen Zenit schon überschritten. Franz Voves (Steiermark) kommt doch zu ruppig herüber. Und Hans Niessl passt ins Burgenland, aber nicht auf den Ballhausplatz.

Übrig bleibt Burgstaller. Und sie hätte tatsächlich das Zeug zu einer Mini-Merkel. Es ist beeindruckend, wie sie sich immer wieder mit vernünftigen Argumenten gegen die Parteilinie stellt - zuletzt vor allem beim Thema Studiengebühren. Und sie arbeitet mit der ÖVP im Land gut zusammen, ohne deshalb ihre sozialdemokratischen Werte zu verraten.

Burgstaller ist nicht ohne Schwächen. Ihre Rolle im Skandal bei den Osterfestspielen war kein Ruhmesblatt, und in ihren öffentlichen Auftritten wirkt sie etwas bieder. Aber das tut Angela Merkel auch.

Zumindest zweifelt niemand an ihrer persönlichen Integrität. Und das würde sie umso mehr für die Faymann-Nachfolge qualifizieren, wenn der Parteichef weiter im Inseratensumpf versinkt. (Eric Frey, derStandard.at, 29.9.2012)